ARAG Experten über die Beweislast bei extrem hohen Nachforderungen
Bei manchem Mieter flattern jetzt schon die ersten Nebenkostenabrechnungen für das vergangene Jahr ins Haus. Der ein oder andere kommt bei der Durchsicht ganz schön ins Staunen. Wenn Stromanbieter oder Vermieter plötzlich extrem hohe Nachforderungen bei den Nebenkosten stellen, müssen sie allerdings zuerst Beweise erbringen, bevor der Kunde bzw. Mieter zahlen muss. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Urteilen. ARAG Experten begrüßen diese Stärkung der Verbraucher- und Mieterrechte.
Viel zu hohe Stromrechnung
In dem ersten verhandelten Fall orderte der Oldenburger Stromanbieter EWE von einem Rentnerpaar über 9.000 Euro an Stromnachzahlungen, weil es innerhalb eines Jahres mehr als das Zehnfache an Strom verbraucht haben sollte als im Jahr zuvor. Der Stromanbieter klagte, als das Ehepaar sich weigerte, die Summe zu bezahlen. Der BGH bestätigte nun die Abweisung der EWE-Klage: Der bescheidene Lebenszuschnitt der Senioren sprach einfach nicht für solch einen Stromverbrauch. Weil die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers des Stromanbieters bestand, hätte dieser beweisen müssen, dass die Senioren tatsächlich so viel Energie verbraucht hatten, erläutern ARAG Experten das Urteil (BGH, Az.: VIII ZR 148/17).
Was bedeutet das für Stromkunden?
Das Urteil stärkt eindeutig die Kundenrechte, indem es bei sehr hohen Nachforderungen der Stromanbieter die Beweislast umkehrt. Demnach müssen Kunden im Streit mit Energieversorgern deutlich überhöhte Abrechnungen nicht bezahlen, wenn die „ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ des Energieanbieters besteht. Bei Nachzahlungsforderungen im üblichen Rahmen von einigen hundert Euro müssen Verbraucher aber weiterhin zunächst zahlen und können dann ein Rückforderungsverfahren anstrengen.
BGH weist Vermieter die Beweislast zu
In einem weiteren Fall sollten Mieter 5.000 Euro Heizkosten für zwei Jahre nachzahlen. Das waren 40 Prozent der Heizkosten des gesamten Hauses. Die Wohnfläche der gemieteten Wohnung betrug allerdings nur 12 Prozent der Gesamtfläche. Obwohl der klagende Vermieter den Mietern die Einsicht in die Nebenkostenabrechnung der Nachbarwohnungen verweigerte, bekam er vom Landgericht Darmstadt zunächst Recht. Das war sogar den Richtern des BGH unverständlich, sie hoben das Urteil auf: Der klagende Vermieter hätte seine Forderungen beweisen müssen. Weil er das in der Vorinstanz nicht getan habe, hätte das Landgericht dessen Klage abweisen müssen. Zudem hätte der Vermieter die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen über die Nachbarwohnungen nicht verweigern dürfen. Mieter haben grundsätzlich ein umfassendes Einsichtsrecht in Nebenkostenabrechnungen, so ARAG Experten, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Gesamtverbrauch mit dem individuellen Verbrauch der Wohneinheiten übereinstimmt (BGH, Az.: VIII ZR 189/17).
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