„Die Lebensplanung wird mit der Diagnose vollständig auf den Kopf gestellt!“
Während bei vielen neurologischen Erkrankung bekannt ist, dass sie alle Altersklassen treffen können, bleibt Morbus Parkinson in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer ein Gebrechen von Senioren und Hochbetagten. Doch die Schüttellähmung kann auch junge Menschen heimsuchen und die Lebensplanung von einem auf den nächsten Tag auf den Kopf stellen. Darauf macht die Selbsthilfeinitiative „Parkinson in jedem Alter“ aufmerksam. Ihr Leiter, der Konstanzer Journalist Dennis Riehle, erhielt die Diagnose mit 35 Jahren und weiß daher aus eigener Erfahrung, welche Konsequenzen solch ein Befund hat: „Tatsächlich habe auch ich mich davor wenig mit diesem Krankheitsbild befasst. Vorherrschend war bei mir das Bild des Zitterns, aber Parkinson geht ja weit darüber hinaus und ergreift im Laufe der Zeit Besitz von Körper und Geist des Betroffenen. Das habe auch ich recht schnell bemerkt und musste nicht nur eine zunehmende Mobilitätseinschränkung durch einen sich verstärkenden und die Bewegungsfreiheit nehmenden Rigor (Muskelsteifigkeit) sowie eine erhebliche Bradykinese (psychomotorische Verlangsamung) verkraften. Neben der gebückten Haltung und zunehmenden Schwierigkeit, eine gerade Sitzhaltung und aufrechten Gang einzunehmen, kamen recht bald auch verschiedene autonome Funktionsstörungen dazu, beispielsweise Inkontinenz, Dystonie, Schluckprobleme, Sprachstörungen, kognitive Defizite, Harninkontinenz und Halluzinationen“.
Der heute 38-jährige Psychologische Berater muss bereits aufgrund anderer Gesundheitsleiden seine Erwerbstätigkeit 2019 einstellen und wurde früh gezwungen, von Lebensträumen Abschied zu nehmen: „Ich bin aber mit der Situation heute im Reinen und hadere nicht. Denn Krankheit lehrt auch Leidensfähigkeit – und man weiß die kleinen Dinge zu schätzen. Ich kann jeden Morgen aufstehen und mich weiterhin für ein oder zwei Stunden sinnstiftend betätigen. Auch wenn ich nicht weiß, welche Überraschung der Parkinson beim frühen Aufwachen für mich bereit hält, lernt man doch auch eine gewisse Lösungskompetenz. Denn es ist täglich eine neue Herausforderung, mit unerwarteten Behinderungen umzugehen. Daher bin ich froh, dass ich Unterstützung durch meine Pflegepersonen habe und zudem auch auf umfassende ärztliche Betreuung vertrauen kann. Meine behandelnder Neurologe verhilft mir zur bestmöglichen Behandlung, wenngleich die Therapie momentan nur symptomatisch erfolgen kann. Vielleicht schafft es aber die Forschung, für künftige Erkrankte ursächliche Ansätze zu finden oder wenigstens die Früherkennung zu verbessern“, erklärt Riehle – und ermutigt abschließend Betroffene: „Eine multimodale Herangehensweise der unterschiedlichen Disziplinen kann sehr viel Lebensqualität zurückbringen. Daher sollte neben medikamentöser Einstellung auch Logo-, Physio-, Ergo- und Psychotherapie, Ernährungsberatung und Selbsthilfe nicht zu kurz kommen“.
Die Psychosoziale Beratung der Selbsthilfeinitiative ist kostenlos unter www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.