Persuasive Kommunikation ist so alt wie die Menschheit

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Persuasive Kommunikation ist so alt wie die Menschheit
Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Wer ihre Prinzipien kennt und versteht, ist eindeutig im Vorteil

Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Überzeugungsarbeit ist im Grunde genommen Kommunikation. Bei der Kunst der Überzeugung geht es jedoch darum, eine ausgeklügelte Mischung aus Kommunikationsfähigkeiten und Führungsqualitäten einzusetzen, um andere von den eigenen Ideen, Empfehlungen oder Vorschlägen zu überzeugen. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die eigenen Ideen, Empfehlungen und Vorschläge angenommen und umgesetzt werden, man andererseits aber nicht unbotmäßiger Beeinflussung unterliegt, muss man sich einiger Prinzipien der Persuasion bewusst sein.

Rapport als Grundlage guter Beziehungen
Eine gute Beziehung ist die ideale Voraussetzung für effektive Kommunikation und Einflussnahme. Sie baut auf gegenseitige Anerkennung, Respekt und das Wissen darum, was man erwarten kann und was erwartet wird, mit anderen Worten auf das, was man auch als Rapport bezeichnet. Dabei ist eine gute Beziehung kein statischer Zustand, sondern ein Prozess, der mit dem sogenannten guten ersten Eindruck beginnt.

Menschen bilden sich innerhalb von Millisekunden eine Meinung über einen anderen Menschen hinsichtlich Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Sympathie. Wer überzeugen will, braucht auch ein gewisses Maß an Körperspannung. Haltung und Authentizität offenbaren sich in der Körpersprache. Gesten und Bewegungen verraten viel vom seelischen Zustand eines Menschen. Selbstbewusstsein und Aufrichtigkeit, aber auch Verletzlichkeit finden so ihren nonverbalen Ausdruck. Emotionen, die direkt das limbische System ansprechen, vermitteln Authentizität, erregen Aufmerksamkeit und schaffen Vertrauen. Das Wissen um die eigenen Reaktionen hilft dabei, andere Menschen zu „lesen“ und Empathie für andere zu empfinden. Und Empathie ist der Türöffner, um anderen Menschen von seinen eigenen Ideen zu überzeugen.

Aufgesetztes Verhalten und der fehlende Glaube an das, was man sagt, lassen Menschen als unaufrichtig erscheinen und sind daher völlig kontraproduktiv bei jeglicher Form der Persuasion. Authentische Menschen sagen, was sie denken und tun, was sie sagen (walk the talk) und können auch Schwächen und Fehler zugeben. Nur wer ganz bei sich ist, kann sich auch anderen zuwenden. Eng verwandt mit der Authentizität sind die Glaubwürdigkeit und die Korrektheit. Menschen sind dann glaubwürdig, wenn sie ihre Behauptungen untermauern können. Eine einfache, verständliche Botschaft ohne jeglichen Fachjargon schafft durch Klarheit Vertrauen.

Reziprozität oder das ausgeglichene Verhältnis von Geben und Nehmen
Der Gedanke der Reziprozität, das Bemühen, anderen zurückzugeben, was wir von ihnen bekommen haben, ist das effektivste Instrument zur Beeinflussung anderer. Ein hoch entwickeltes System des gegenseitigen Verpflichtetseins gehört zu den typischen Merkmalen in allen menschlichen Kulturen. Das Gefühl, etwas schuldig zu sein, wenn man etwas bekommen hat, ist die Grundlage für verschiedene Formen des menschlichen Miteinanders. Das ausgeglichene Verhältnis von Geben und Nehmen hat sich als sehr nützlich in unserer Gemeinschaft herausgestellt. Verstöße gegen dieses ungeschriebene Gesetz können ernstliche soziale Sanktionen nach sich ziehen.

Autorität als Mittel negativer Beeinflussung
Die in der Menschheit weit verbreitete Tendenz zur Unterordnung unter legitime Autoritäten ist die Folge systematischer Sozialisationsmechanismen. Es erscheint oft sinnvoll, den Direktiven von Autoritäten zu folgen, da sie vermeintlich über mehr Wissen und Erfahrung verfügen. Einem eventuellen Missbrauch der Autorität kann man sich aber entziehen, wenn man nicht nur auf das Wissen des Experten abstellt, sondern auch seine Vertrauenswürdigkeit hinterfragt. Dabei muss man sich vor allem vor einer vertrauensfördernden Taktik in Acht nehmen. Durch eine ungünstige Aussage über sich selbst soll der Anschein von Ehrlichkeit erweckt werden, der alle nachfolgenden Informationen glaubwürdiger erscheinen lassen soll.

Knappheitsprinzip erschwert rationales Denken
Dinge, die schwer zu bekommen sind, erachten wir meist als wertvoll. Je unerreichbarer die Dinge zu sein scheinen, desto stärker begehren wir sie. Dieses Knappheitsprinzip, dass Verkäufer als Überzeugungstechnik einsetzen (nur noch wenige Stücke vorhanden), entfaltet seine Wirkung auch bei der Bewertung von Informationen. Eine verfügbare Information wird für wertvoller gehalten, wenn sie nur exklusiv für Einzelne, also nicht für jedermann zugänglich ist. Es ist schwer, sich rein verstandesmäßig dem Einfluss von Knappheit zu entziehen, denn die damit verbundene emotionale Erregung erschwert ein klares Denken. Auf derartige Situationen kann man nur reagieren, indem man das Angebot daraufhin überprüft, warum man es unbedingt haben will und ob wir wirklich das bekämen, was wir wollen.

Überzeugungsfalle Sympathie
Menschen lassen sich leichter von jemandem überzeugen, den sie kennen und sympathisch oder attraktiv finden. Dieser Umstand wird gerne von Überzeugungsstrategen bewusst eingesetzt. Vor allem körperliche Attraktivität scheint einen „Halo-Effekt“ hervorzurufen. Menschen neigen dazu, diesen einen außerordentlichen Eindruck auf alle anderen Persönlichkeitsmerkmale zu übertragen und sich der Kritikfähigkeit zu berauben. Aus diesem Grund fällt es gutaussehenden Menschen leichter, andere zu beeinflussen und von ihrer Meinung zu überzeugen. Auch Ähnlichkeit beeinflusst die Sympathie gegenüber anderen Menschen. Wir mögen Leute, die so sind wie wir. Wir sind daher unterbewusst eher bereit, das zu tun, was sie von uns wollen. Auch Komplimente sind ein sympathiefördernder Faktor.

Eine effektive Strategie, um derartige unerwünschte Einflüsse abzuschwächen, besteht darin, darauf zu achten, wann wir ungewöhnlich viel Zuneigung für unser Gegenüber empfinden. In einer solchen Situation sollte man ein Angebot ausschließlich anhand der Fakten beurteilen.

Mit Bauch und Herz gegen Konsistenz und Commitment
Die Erfahrung zeigt, dass sich konsistentes Verhalten im Alltag bewährt hat. Die Orientierung am Konsistenzprinzip bietet eine Art Schnellverfahren, das den Umgang mit der Komplexität des modernen Lebens erleichtert. Wer im Einklang mit früheren Entscheidungen handelt, entledigt sich der Notwendigkeit, stets alle relevanten Informationen zu prüfen. Er handelt konsequent beziehungsweise konsistent.

In Bezug auf Willfährigkeit spielen Commitments eine große Rolle. Menschen sind eher bereit, einer Aufforderung oder Bitte nachzukommen, die im Einklang mit ihrem Commitment steht. Überzeugungsprofis sind daher bestrebt, Menschen im ersten Schritt dazu zu bewegen, einen bestimmten Standpunkt einzunehmen, der eben jenem Verhalten entspricht, das sie später von ihnen erbitten. Einmal getroffene Entscheidungen (auch falsche) werden selten überdacht. Vielmehr tendiert der Mensch dazu, neue Gründe für eine Rechtfertigung des Commitments zu suchen.

Um nicht in die Konsistenz- und Commitment-Falle zu tappen, sollte man lieber einmal auf sein Bauchgefühl und sein Herz hören. Denn unser Bauch meldet sich, wenn wir das Gefühl haben, zu etwas gedrängt zu werden, was wir nicht wollen. Und einmal auf sein Herz zu hören hilft, ein anfängliches Commitment auf seine Richtigkeit zu prüfen. Die entscheidende Frage lautet:“ Würde ich, bei dem was ich jetzt weiß, das Gleiche wieder tun, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte?“

Soziale Bewährtheit
Menschen neigen in bestimmten Situationen dazu das, was andere Menschen in dieser Situation glauben oder tun, als wichtige Entscheidungshilfe anzusehen. Das Prinzip der sozialen Bewährtheit lässt sich dazu benutzen, jemanden zum Befolgen einer Bitte zu bewegen, indem man ihn darüber informiert, dass viele andere Menschen bereits so gehandelt haben, wie es von ihm erwartet wird. Zwei Faktoren – Unsicherheit und Ähnlichkeit – spielen dem Prinzip dabei in die Karten. Unsichere Menschen orientieren sich mit hoher Wahrscheinlichkeit am Verhalten anderer. Zudem neigen Menschen dazu, genauso zu handeln, wie Menschen, die ihnen ähnlich sind. Um unsere Anfälligkeit für derartige Handlungsmuster zu reduzieren, empfiehlt es sich, sich immer wieder klar zu machen, dass die Handlungsweise anderer Menschen nicht die einzige Grundlage für unsere Entscheidungen sein sollte.

Stop talking, start listening
Es ist hinlänglich bekannt, dass die Überzeugungskraft von Führungskräften sowohl auf geschicktem Zuhören als auch auf deren Artikulationsfähigkeit beruht. Menschen neigen zum selektiven Zuhören. Dabei achten geschickte Zuhörer beispielsweise auf Ideen, mit denen sie instinktiv nicht einverstanden sind. Der Versuch, gleichzeitig zuzuhören und zu lesen, teilt dabei die Hirnressourcen, so dass sich beides nur gleich schlecht bewerkstelligen lässt. Generell liefert die Verbindung von Beobachten und Zuhören mehr Informationen und ermöglicht es, das, was Menschen sagen, gegen das, was sie tun, abzuwägen.

Fazit:
Die Frage, ob und wie Menschen zu beeinflussen sind, ist vermutlich eine der ältesten, wenn nicht gar so alt wie der Mensch selbst. Die persuasive Kommunikation ist eine zwischenmenschliche Sozialtechnik, die auf Einstellungsänderung und kurzfristiges Erreichen von Zielen aus ist. Ihr geht es nicht um Austausch und Verständigung. Wer die Prinzipien der persuasiven Kommunikation kennt und versteht, ist nicht nur in der Lage, Menschen für seine Ideen zu gewinnen und vielleicht auch zu begeistern. Er ist auch in der Lage, den perfiden Versuchen zu widerstehen, durch persuasive Kommunikation zu etwas überredet zu werden, das er nicht will.

Über Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter war von 1972 bis 1981 in den Funktionen Leiter Aus- und Weiterbildung und Personalleiter in der Bayer Group tätig. Von 1982 bis 2013 leitete er bei Allianz SE das Zentrale Bildungswesen und war Head of Executive Events. Für diese Unternehmen war er auf allen fünf Kontinenten und in über dreißig Ländern tätig.

Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des „Arbeitskreises Assessment Center-Führungskräfteauswahl und Entwicklung in DACH“ und jahrelang Vorsitzender dieses Vereins.
Er ist heute certified Coach für Unternehmer, Senior Leaders und Executive Coach bei SELECTEAM Deutschland GmbH.
Reinhard F. Leiter publiziert regelmäßig.

Neu erschienen sind :

„Global Coaching Excellence? A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-060-1 gemeinsam mit Dr. Werner Krings.

Reinhard F.Leiter, „Presentation Excellence – A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-039-7

Reinhard F. Leiter, „Quality Standards of Presentation Excellence“, www.reinhardfleiter.com
Professional Certificate in Coaching (PCIC) / Foundation in Coaching: Henley Business School at University of Reading GB: Certified

Über Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter war von 1972 bis 1981 in den Funktionen Leiter Aus- und Weiterbildung und Personalleiter in der Bayer Group tätig. Von 1982 bis 2013 leitete er bei Allianz SE das Zentrale Bildungswesen und war Head of Executive Events. Für diese Unternehmen war er auf allen fünf Kontinenten und in über dreißig Ländern tätig.

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