Bundeskartellamt torpediert den lokalen Fachhandel
sup.- „Das Kartellamt macht den Laden dicht!“ Unter diesem Motto mahnt eine aktuelle Initiative die Chancengleichheit von klassischem Fachhandel sowie Groß- und Onlinehändlern an. Markante Plakatmotive, die den Slogan in die typische Ankündigungsgestaltung von Räumungsverkäufen einbetten, sollen ein Zeichen gegen das Fachhandelssterben setzen. Der Hintergrund: Nach Einschätzung vieler Geschäftsleute wird das Bundeskartellamt seiner Aufgabe als Wettbewerbshüter nicht gerecht. Lokale Fachgeschäfte, die sich vor allem durch Kundenorientierung, persönliche Beratung und umfangreiche Service-Leistungen gegenüber den überregionalen Filialketten und Online-Händlern behaupten, sind in ihrer Existenz gefährdet, weil sie gerade diese Stärken nicht mehr ausspielen dürfen. Denn immer häufiger werden Markenlieferanten, die ausdrücklich den Fachhandelsvertrieb bevorzugen oder den erheblichen Mehraufwand der örtlichen Händler zumindest angemessen honorieren, von den Kartellbehörden ausgebremst. Es sei ein selektives und deshalb unzulässiges Vertriebssystem, so die Rechtsauffassung des Kartellamts, wenn Hersteller beispielsweise ihre Produkte gar nicht oder nur zu gestaffelten Konditionen über das Internet verkaufen lassen.
Die Konsequenz: Deutschen Herstellern wird es immer schwerer gemacht, über die jeweils passenden Vertriebswege ihrer Produkte selbst zu entscheiden. Sie müssen vielfach einem Verkauf im Niedrigpreis-Umfeld der großen Internet-Portale zustimmen, selbst wenn sie ihre hochwertigen und häufig beratungsbedürftigen Markenartikel dort gar nicht sehen möchten. Weil die Behörde mit dieser Rechtsauffassung zunehmend die Marktmacht der großen, oft international agierenden Onlinehändler und Handelskonzerne stützt, droht ein Verlust innerstädtischer Einkaufsvielfalt. Denn mit dem aggressiven Preiswettbewerb beim Internet-Shopping kann ein inhabergeführtes Fachgeschäft mit qualifiziertem Personal natürlich nicht konkurrieren. Verlierer sind neben den regionalen Händlern aber vor allem die Kunden, denen ein „Discountry“ droht, ein ausschließlich an Niedrigpreisen orientiertes Discount-Angebot ohne die Dienstleistungsvielfalt mittelständischer Fachgeschäfte. Eigentlich ist die Erhaltung dieser Vielfalt ja eine Kernaufgabe der Kartellbehörden. Dass das Bundeskartellamt derzeit jedoch eher zur Reduzierung der Einkaufsoptionen beiträgt, zeigt anschaulich ein neues Buch, das der Wirtschaftspublizist Detlef Brendel sowie der Ökonom und Jurist Florian Josef Hoffmann gemeinsam verfasst haben: „Wirtschaft im Würgegriff / Wie das Kartellamt Unternehmen blockiert (Campus Verlag, ISBN 978-3-593-50150-5).
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