Chancen und Risiken des Erbbaurechts kennen
Was ist ein Erbbaurecht?
Das Erbbaurecht oder die sog. Erbpacht ist ein rechtliches Konstrukt, dass einem Erbbauberechtigten die Möglichkeit geben soll, ein Grundstück über einen längeren Zeitraum von meist 75 – 99 Jahren (fast) wie ein Eigentümer nutzen zu können und ein Gebäude zu errichten und zu unterhalten.
Das Erbbaurecht ist wie ein gedachtes Grundstück über dem Grundstück zu verstehen. Wird auf dem Erbbaurecht ein Gebäude errichtet, so wird es Bestandteil des Erbbaurechts und gerade nicht des Grundstücks selbst.
Warum Erbbaurecht?
Durch die Bestellung eines Erbbaurechts kann der Erbbaurechtsgeber sein Grundstück zur Erzielung von Gewinn nutzen, ohne dass er es verkaufen müsste. Der Erbbaurechtsnehmer hingegen erhält für die vereinbarte Dauer die Möglichkeit, das Grundstück gegen Zahlung eines vereinbarten Erbbauzinses zu nutzen und insbesondere Gebäude auf dem Erbbaurecht zu errichten, ohne dass er zuvor einen hohen Grundstückpreis zahlen muss.
Die Möglichkeit der Erbbaurechtsbestellung wird regelmäßig von Kirchen, Kommunen oder Stiftungen genutzt. Kommunen nutzen diese Möglichkeit mit dem Ziel, ihren Bürgern den Bau eines Eigenheims zu ermöglichen, ohne dass diese sich auch mit dem Kaufpreis des Grundstücks belasten müssten. Kirchen und ihren Stiftungen ist es hingegen aus kanonischem Rechten häufig verboten, Grundstücke zu verkaufen.
Vorteile und Nachteile eines Erbbaurechts
Der Vorteil einer Erbbaurechtsbestellung liegt darin, dass der Erbbaurechtsnehmer das Grundstück zur Errichtung und Unterhaltung eines Gebäudes nutzen kann, ohne dass er es kaufen und damit sofort den Kaufpreis aufbringen muss. Stattdessen zahlt er einen mit dem Erbbaurechtsgeber vereinbarten Erbbauzins, der sich an dem Wert des Grundstücks orientiert und regelmäßig jährlich 3 – 5 % des Grundstückwertes beträgt.
Dies kann jedoch auch ein Nachteil sein, denn der Erbbauzins kann sich auch ändern. Die Beteiligten können hierzu von Anfang an einen sogenannten dynamischen Erbbauzins vereinbaren oder sonst Vereinbarungen über die Möglichkeit zur Änderung des Erbbauzinses treffen. Hier ist der Vertag im Einzelfall daraufhin zu überprüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Erhöhung des Erbbauzinses drohen kann. Häufig kommen dabei Wertsicherungsklauseln zum Einsatz, die den Erbbauzins mit dem allgemeinen Preisindex für die private Gesamtlebenshaltung verknüpfen.
Ein wesentlicher Nachteil liegt darin, dass nach Ablauf der vereinbarten Dauer oder durch den sogenannten „Heimfall“ das Gebäude zum Bestandteil des Grundstücks wird, auch wenn der Gesetzgeber sodann regelmäßig eine Entschädigung für den Erbbaurechtnehmer vorsieht, die am Zeitwert des Gebäudes bemessen wird.
Hierbei muss sich der Erbbauberechtigte von vornherein fragen, ob die Ersparung des Kaufpreises es ihm Wert ist, dass nach Ablauf oder Heimfall des Erbbaurechts überhaupt keine Rechte mehr an dem Grundstück bestehen.
Ein weiterer Nachteil liegt darin, dass das Erbbaurecht und ein dazugehöriges Gebäude von dem Erbbauberechtigten zwar wie ein Grundstück verkauft werden kann, er hierzu jedoch in der Regel die Zustimmung des Grundstückeigentümers benötigt. Ohne diese Zustimmung – zu der der Eigentümer allerdings verpflichtet sein kann – kann er das Erbbaurecht nicht veräußern.
Diese Zustimmung des Grundstückseigentümers ist außerdem erforderlich für die Belastung des Erbbaurechts mit Hypotheken/Grundschulden. Hier droht insbesondere für den Fall Streit, dass der Grundstückeigentümer seine Zustimmung zum Verkauf erteilt, jedoch nicht für die Belastung mit einem Grundpfandrecht, das der Käufer zur Finanzierung des Erbbaurechtskaufpreises jedoch regelmäßig benötigt.
Darüber hinaus enthalten Erbbaurechtsverträge in der Regel Vereinbarungen darüber, dass bei gewissen Verstößen gegen vertragliche Pflichten des Erbbaurechtsnehmers das Gebäude bzw. das Erbbaurecht an den Eigentümer verfällt (Heimfall/Eigentümererbbaurecht). Hinsichtlich der vom Gesetzgeber vorgesehenen Entschädigung für den Erbbauberechtigten droht dabei Streit über den Wert des Gebäudes und die Höhe der Entschädigung.
Situation für Erbbaurechtskäufer
Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein Erbbaurecht zu erwerben, dem muss klar sein, dass für ihn die Vereinbarungen gelten, die ursprünglich zwischen dem Grundstückeigentümer und dem Erbbauberechtigten vereinbart worden sind, der nicht notwendigerweise sein Verkäufer sein muss. Angesichts der vielen Regelungsmöglichkeiten bei der Erbbaurechtsbestellung (Errichtung, Instandhaltung und Verwendung eines Bauwerks, Versicherung und Wiederaufbau, öffentliche und private Lasten und Abgaben, Heimfall, Vertragsstrafen, Vorrecht auf Erneuerung, Verkaufsverpflichtungen, usw.) ist es besonders wichtig, den ursprünglichen Erbbaurechtsvertrag genau zu prüfen.
Kaufverträge über Erbbaurechte räumen dem Käufer jedoch häufig Widerrufsrechte im Zusammenhang mit der (verweigerten oder verzögerten) Zustimmung des Grundstückseigentümers ein, mit denen er sich unter gewissen Umständen noch vom Vertrag lösen kann.
Die Rechtsanwaltskanzlei Ginter Schiering Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Otto-Krafft-Platz 24, 59065 Hamm (Tel. 02381/4910696 – Fax 02381/4910694 – www.gs-rechtsanwaelte.de – info@gs-rechtsanwaelte.de) befasst sich im Rahmen ihrer Schwerpunkttätigkeit in Immobilien- und Immobilienfinanzierungsfragen insbesondere mit Fragen rund um das Erbbaurecht und steht Ratsuchenden kurzfristig zur Verfügung
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt keine individuelle Beratung im jeweiligen Einzelfall.
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Vertragsrecht, Wirtschaftsrecht, Bankrecht, Schadensersatzrecht, Strafrecht
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht Leonid Ginter
Rechtsanwalt und Strafverteidiger Nils Schiering
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