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Dirk Harbecke, Chairman von Rock Tech Lithium, erläutert Hintergründe zum Lithiummarkt
Vor allem in China und in Europa werden umfangreich Produktionsstätten für Akkus hochgezogen. In der Volksrepublik soll sich der Zahl der Batterie-Fabriken in den kommenden Jahren in etwa verdoppeln – so die aktuellen Pläne. Aber auch in Europa entstehen neue Produktionskapazitäten und bereits bestehende werden ausgebaut – und zwar massiv. Das ist kein Wunder, denn die Nachfrage ist enorm.
Allein LG Chem, seit Kurzem Weltmarktführer vor dem chinesischen Hersteller CATL, berichtet laut der Financial Times über einen Auftragsbestand von 125 Milliarden Dollar und sieht sich für die kommenden fünf Jahre ausgelastet. Die Kapazität ihrer Fabrik in Warschau wollen die Südkoreaner von derzeit sechs auf möglicherweise bis zu 70 Gigawattstunden (GWh) ausbauen.
CATL, die weltweite Nummer 2, will in Erfurt ab dem übernächsten Jahr eine Kapazität von 14 GWh erreichen. Langfristig halten die Chinesen aber auch 100 GWh für möglich. Das würde in etwa der vierfachen Größe der Gigafactory von Tesla und Panasonic in Nevada entsprechen, der bislang weltweit größten Produktionsstätte für Lithium-Ionen-Batterien. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.
Europa entwickelt sich zum Game-Changer
Für den Nachfrageschub nach E-Autos und damit nach Akkus ist aktuell vor allem Europa verantwortlich. Denn neben üppigen Kaufprämien für Autos mit Elektromotor gelten hier immer strengere Umweltvorschriften. So werden ab dem kommenden Jahr zu hohe CO2-Emissionen bei den Neuwagen-Flotten mit empfindlichen Geldbußen bestraft.
Den durchschnittlichen Ausstoß von CO2 werden die Autobauer nur dann im notwendigen Umfang senken können, wenn sie E-Autos in einem nennenswerten Umfang verkaufen. Denn die emissionsfreien Fahrzeuge werden bei der Berechnung doppelt berücksichtigt. Das gilt zwar auch für Plugin-Hybride. Doch hier fällt der Effekt deutlich geringer aus, weil die ja weiterhin auch von einem Benzin- oder Dieselmotor angetrieben werden. Vor diesem Hintergrund schätzt die Schweizer Investmentbank UBS, dass in Europa der Marktanteil von reinen Elektroautos sind von vier (2020) auf 7,5 Prozent im kommenden Jahr fast verdoppelt. Plugin-Hybride sollen immerhin von fünf auf 7,5 Prozent zulegen.
Dadurch steigt laut UBS allein in Europa der Bedarf an Akkus in diesem Jahr von 20 auf 46 GWh. Stimmt die Prognose, würde der alte Kontinent sogar China in diesem Jahr knapp überholen. Hier rechnen die Analysten mit einer Nachfrage von 45 GWh. Weltweit erwartet die UBS ein Plus um fast zwei Drittel auf 205 GWh. Im Jahr 2022 sollen es dann schon 305 GWh sein, wovon mehr als ein Drittel auf Europa entfällt, so die Prognose.
Doch während die Batteriefabriken aus dem Boden schießen – China und Europa sind hier führend – treten die Lithium-Produzenten auf die Bremse. Vor allem die großen Hersteller wie Albemarle, SQM oder Tianqi haben zuletzt größere neue oder Ausbauprojekte verschoben. Ein Grund: Corona-bedingt sind die weltweiten Autoabsätze kurzfristig eingebrochen. Das gilt auch für E-Autos und Plugin-Hybride, wodurch kurzfristig auch weniger Akkus und damit weniger Lithium gebraucht wurde. Die Nachfrage ist um rund 10 bis 20 Prozent gesunken. Das hat zwischenzeitlich für steigende Lagerbestände gesorgt.
Der Markt dreht
Die in den vergangenen Monaten aufgebauten Vorräte umfassen weltweit schätzungsweise 20.000 Tonnen – bei einer derzeitigen Jahresproduktion von rund 300.000 Tonnen Lithium. Abgeleitet von der erwarteten Nachfrage nach Akkus dürfte der Bedarf schon im kommenden Jahr auf 450.000 Tonnen Lithium steigen. Im Jahr 2022 dürften es dann schon mehr als 600.000 und ein Jahr später sogar gut 900.000 Tonnen sein. Es ist absehbar, dass der überschaubare Angebotsüberschuss sich schon bald in ein erhebliches Defizit wandelt. Denn das Angebot stammt zu einem guten Teil vom Abbau der Lagerbestände, die sich zuletzt aber zunehmend gelehrt haben. Die zu erwartenden Engpässe dürften dann den Lithiumpreis in die Höhe treiben. Die Aktienkurse der großen Lithiumproduzenten haben diese Entwicklung bereits vorweggenommen. Albemarle, die weltweite Nummer 1, ist seit dem Tief im März bereits um mehr als 60 Prozent gestiegen. Livent hat sogar um gut 80 Prozent zugelegt. Und bei SQM, dem zweitgrößten Lithium-Produzenten der Welt, beläuft sich das entsprechende Plus auf rund 90 Prozent. Und dass, obwohl der Lithium-Preis „noch“ gar nicht gestiegen ist.
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