Autor: Christopher Koll, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bell & Windirsch Anwaltsbüro, Düsseldorf
Bell & Windirsch Anwaltsbüro
Ein Betriebsratsmitglied, das zwischen zwei Nachtschichten außerhalb seiner Arbeitszeit tagsüber an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, ist berechtigt, die Arbeit in der vorherigen Nachtschicht vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist.
(BAG vom 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15 -)
(zitiert nach Pressemitteilung des BAG Nr. 1/17)
Nach § 5 Abs. 1 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Es kann dahinstehen, ob die Zeit der Erbringung von Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 1 ArbZG ist und § 5 Abs. 1 ArbZG deshalb Anwendung findet. Jedenfalls ist bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit unzumutbar ist, die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen.
Der Kläger ist Mitglied des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats und arbeitet im Dreischichtbetrieb. Er war in der Nacht vom 16. Juli auf den 17. Juli 2013 für die Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr bei einer Pause von 2:30 Uhr bis 3:00 Uhr eingeteilt. Am 17. Juli 2013 nahm der Kläger an einer Betriebsratssitzung von 13:00 Uhr bis 15:30 Uhr teil. Mit Rücksicht auf diese Betriebsratssitzung stellte er in der vorherigen Nachtschicht seine Arbeit um 2:30 Uhr ein. Ihm wurde für diese Nachtschicht von der Beklagten nur der Zeitraum bis 3:00 Uhr und von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger u.a. die Gutschrift der beiden weiteren Stunden von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr verlangt. Die Klage hatte vor dem siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht – Erfolg.
Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats auch dann von ihrer beruflichen Tätigkeit an einer Betriebsratssitzung ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine außerhalb der Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gemacht hat. Vorliegend war dem Kläger die Erbringung der Arbeitsleistung am 17. Juli 2013 jedenfalls ab 3:00 Uhr wegen der um 13:00 Uhr beginnenden Betriebsratssitzung unzumutbar, weil ihm bei Fortsetzung seiner Arbeit zwischen den Arbeitsschichten keine durchgehende Erholungszeit von elf Stunden zur Verfügung gestanden hätte.
Fazit:
Die vorliegende Entscheidung des BAG bringt noch einmal Klarheit in die Frage der Vereinbarkeit von Arbeits- und Betriebsratstätigkeit. Zwar bleibt die Frage, ob Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit i.S.d. ArbZG darstellt, unverändert offen. Das BAG erneuert aber noch einmal seinen Rechtsgedanken der “Unzumutbarkeit” einer Kollision von arbeitsvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Hier wird der Betriebsratstätigkeit klar der Vorrang eingeräumt, sogar bis hin zu einer Vergütungspflicht der vollen Schicht trotz vorzeitigen Abbruchs.
Autor und zuständig für Rückfragen: Christopher Koll, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bell & Windirsch, Düsseldorf, www.fachanwaeltinnen.de www.fachanwaeltinnen.de
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