ARAG Experten zum sommerlichen Streit am Gartenzaun
Es ist Sommer. Wer jetzt nicht im Urlaub ist, genießt die angenehmen Stunden des Tages gerne draußen – am besten im eigenen Garten. Wenn nur die lästigen Nachbarn nicht wären. ARAG Experten wissen: Im Sommer haben Streitereien unter Nachbarn Hochkonjunktur. Was Sie dem Zeitgenossen auf der anderen Seite des Gartenzauns nachsehen müssen und was tabu ist, lesen Sie in diesem Überblick:
Das deutsche Nachbarschaftsrecht
Bevor vorschnell ein lautstarker Streit vom Zaun gebrochen wird, empfiehlt sich ein Blick auf die Rechtslage. Das sogenannte Nachbarschaftsrecht ist allerdings nicht abschließend und kompakt in einem Gesetzestext mit bundesweiter Geltung geregelt. Es handelt sich vielmehr um eine durch eine Vielzahl von landes- und bundesrechtlichen Regelungen und Urteilen geprägte Rechtsmaterie.
Kameras zur Überwachung?
Wie kann man beweisen, dass der Nachbar sich widerrechtlich mit den Kirschen auf der anderen Seite des Gartenzaunes eingedeckt hat? Da könnte manch einer auf die Idee einer flächendeckenden Videoüberwachung kommen. Doch ARAG Experten raten von derartigen Stasi-Methoden ab: Überwachungskameras, die nicht nur das eigene Gelände filmen, greifen in das Persönlichkeitsrecht der gefilmten Nachbarn ein. Sie müssen daher abgebaut werden! Gegen Überwachungskameras auf ihrem Nachbargrundstück ist unter anderem eine Frau aus Bad Salzuflen vorgegangen. Ein Unternehmer hatte auf dem angrenzenden Gelände mehrere Kameras installiert, um sein Eigentum zu schützen. Auch habe er verhindern wollen, dass seine Nachbarin regelmäßig sein Grundstück befahre, um dort das Auto zu parken oder zu wenden. Zwei der Kameras erfassten auch Teile des Nachbargrundstücks. Dadurch fühlte sich die Anwohnerin derart gestört, dass sie Klage einreichte. Die Richter gaben ihr Recht und wiesen den Unternehmer an, die Anlage abzubauen: Die sichtbar angebrachten Videokameras griffen in das Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein – selbst dann, wenn sie in der Zwischenzeit so ausgerichtet seien, dass sie nur noch das eigene Grundstück erfassten. Die begründete Befürchtung, weiterhin beobachtet zu werden, reiche aus. Außerdem sah das Gericht Verstöße gegen den Datenschutz, weil die Aufnahmen weder unverzüglich gelöscht noch per Hinweisschild angekündigt würden (LG Detmold, Az.10 S 52/15).
Mit der Flugdrohne Sonnenanbeter fotografieren?
Die Drohne über Nachbars Garten zu steuern und mit der eingebauten Bordkamera Fotos vom Sonnenanbeter nebenan zu schießen, hat der Gesetzgeber mit der Anfang April 2017 in Kraft getretenen „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“ klar untersagt. Der Betrieb von Drohnen über Wohngrundstücken ist danach grundsätzlich verboten, wenn das Gerät mehr als 250 Gramm wiegt oder wenn es optische, akustische oder Funksignale aufzeichnen oder übertragen kann. Damit sind alle Drohnen, die mit einer Kamera bestückt sind, über fremden Wohngrundstücken tabu. Einzige Ausnahme laut der Verordnung: Der Nachbar hat dem Drohnenflug über seinem Garten ausdrücklich zugestimmt.
Wie viele Gartenpartys sind erlaubt?
Dass jeder eine Party im Jahr „frei“ hat, gehört zu Stammtischmythen und hat keine juristische Grundlage. Es gibt eben kein Recht auf Lärm. Im Gegenteil: Ruhestörender Lärm bringt möglicherweise die Polizei auf den Plan, die gegen die Störung vorgehen kann. Bei Ruhestörung handelt sich schließlich um eine Ordnungswidrigkeit, die nach dem Ordnungswidrigkeitsgesetz ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen kann.
Grillen im Garten
Das kann Ihnen grundsätzlich niemand verbieten. Grillfreunde sollten allerdings darauf achten, dass die Rauchentwicklung nicht überhand nimmt und dass die entstehenden Dünste nicht in die Nachbarwohnungen oder auf deren Terrasse ziehen können. Hier hilft oftmals die Nutzung eines Elektro- oder Gasgrills, da dieser lediglich Essens-, aber keinen Ruß- oder gar Spiritusgeruch absondert. Wer nicht ganz auf das rauchige Grillvergnügen verzichten möchte, der hat immer noch die Möglichkeit, öffentlich ausgewiesene Standorte fürs Barbecue zu nutzen. Will man aber unbedingt auf der eigenen Terrasse den Grill anschmeißen, sind je nach Wohnort unterschiedliche Einschränkungen zu beachten. Während die Richter in Bonn das Grillvergnügen einmal monatlich mit vorheriger Ankündigung erlauben (AG Bonn, Az.: 6 C 545/96), ist das Landgericht Stuttgart strenger: Danach ist eine Grilldauer auf der Terrasse von dreimal jährlich zwei Stunden von den Nachbarn hinzunehmen (Az.: 10 T 359/96). Bremer dürfen dagegen von April bis September einmal monatlich grillen, wenn sie die Nachbarn 48 Stunden vorher darüber informieren (AG Bremen, Az.: 6 C 545/96). Nach Auffassung des OLG Oldenburg (Az.: 13 U 53/02) kann es bis zu viermal im Jahr „sozialadäquat“ sein, zu grillen. Und das Landgericht München entschied, dass das sommerliche Grillen im Garten erlaubt ist, wenn die Nachbarn dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden (LG München I, Az.: 15 S 22735/03).
Mein Obst – dein Obst
Die stolzen Eigentümer von Obstbäumen können im Sommer die Früchte ihrer Mühen ernten. Um das Schicksal von Fallobst kümmert sich das Bürgerliche Gesetzbuch in § 911. Obst, das von überhängenden Zweigen direkt in Nachbars Garten fällt oder wegen der Hanglage eines steilen Grundstücks dorthin rollt (sogenannter Überfall oder Hinüberfall), gehört dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem es gelandet ist. ARAG Experten warnen allerdings: Er darf nicht nachhelfen, dass das fremde Obst bei ihm landet, darf also überhängende Früchte nicht abpflücken. Auch den Baum darf er nicht schütteln, damit sie abfallen. Wer sich nicht daran hält, muss die Ernte herausgeben. Umgekehrt darf der Baumeigentümer sein Obst zwar pflücken, dabei aber nicht das Grundstück des Nachbarn betreten.
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