Spitzenverband ZNS: Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz von ADHS und Demenz

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Kampagne des Spitzenverbands ZNS lenkt Fokus auf die psychische Gesundheit und Hirngesundheit

Spitzenverband ZNS: Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz von ADHS und Demenz
Dr. med. Dipl.-Kfm. (FH) Gundolf Berg, Vorsitzender BKJPP eV, Vizepräsident SpiZ

Unter dem Motto #kopfsache – Nichts geht ohne Hirn und Psyche! startete der Spitzenverband ZNS eine bundesweite Informationskampagne zur Sensibilisierung für psychische Gesundheit und Hirngesundheit. Ziel ist es, Politik und Öffentlichkeit auf die Bedeutung dieser Themen aufmerksam zu machen und langfristige Folgen zu vermeiden. Im Zentrum steht die Frage: „Was ist der Gesellschaft die psychische Gesundheit und mit ihr die Hirngesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger wert?

ADHS und Demenz haben eine Verbindung: Es betrifft mit höherer Wahrscheinlichkeit denselben Menschen. Nicht jedoch, wenn frühzeitig und fachübergreifend behandelt wird. Die Kampagne #kopfsache unterstreicht u.a. die Bedeutung einer frühzeitigen und umfassenden Behandlung von ADHS, um das Leid der Betroffenen zu reduzieren, um die Gesellschaft vor volkswirtschaftlichen Schäden zu schützen und das Demenzrisiko zu senken.

Jedes 20. der insgesamt 14,25 Millionen Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in Deutschland (Stand 2022) leidet unter dem Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS). Diese rund 2,85 Millionen jungen Menschen fallen gerade an den Schnittstellen und biographischen Übergängen aus dem System, viele von ihnen sind Schulabbrecher. 6,2 Prozent bzw. 47.500 Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreichten im Jahr 2021 laut Bildungsforschern der Bertelsmann Stiftung keinen Hauptschulabschluss. Etwa jeder Fünfte der 20-30-Jährigen bleibt ohne abgeschlossene berufliche Ausbildung. Damit verdreifacht sich die Zahl junger Menschen in prekären beruflichen Situationen gerade im Übergang in die Erwachsenenwelt. 80 Prozent der Menschen mit ADHS haben oder entwickeln eine Begleiterkrankung, die ihre Möglichkeiten weiter einschränkt.

Psychische Gesundheit und Hirngesundheit sind eng miteinander verknüpft. An den Krankheitsbildern ADHS und Demenz wird deutlich, welche volkswirtschaftlich als auch gesellschaftlich erhebliche Relevanz eine frühzeitige und fachübergreifende Behandlung hat. Gesellschaftlich gesehen führt der Mangel an angemessener Unterstützung und Integration dieser jungen Menschen zu einer sozialen Kluft und erhöhten Belastung für das Gesundheitssystem. Die Bewältigung von ADHS ist nicht nur eine individuelle Verantwortung, sondern eine Aufgabe, die eine koordinierte Anstrengung von Politik, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsdiensten und der gesamten Gesellschaft erfordert. Die Förderung einer ganzheitlichen Herangehensweise, die sowohl die psychische Gesundheit als auch die Hirnfunktion berücksichtigt, ist entscheidend, um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen und das volle Potenzial dieser jungen Menschen zu entfalten.

ADHS im Jugendalter – Demenz als Erwachsener
ADHS ist bislang nicht heilbar, lässt sich aber sehr gut behandeln. Dabei werden die ADHS-Behandlung und -Therapie individuell auf das Krankheitsbild der Betroffenen angepasst. Die Therapie senkt nachweisbar das Mortalitätsrisiko. Eine alleinige medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung greift zu kurz, wenn es um die Übergänge in neue Lebensphasen geht. Wenn wir als Gesellschaft dem Fachkräftemangel und der zunehmenden Last psychischer Erkrankungen begegnen wollen, brauchen wir mehr vernetzte Angebote.

Risiko für Demenz im späteren Leben steigt signifikant, wenn in Jugendjahren die Diagnose ADHS gestellt wird
Auch das Demenzrisiko im Alter steigt nach aktuellen Studien stark an, wenn in Jugendjahren die Diagnose ADHS gestellt wird. Nicht jedoch, wenn frühe medikamentöse und therapeutische Hilfen einsetzen. Setzen wir an diesem Punkt an und verbessern die aktuelle Situation der jungen Menschen. „Es bedarf dazu einer Therapie, die die unterschiedlichen Lebens- und Funktionsbereiche mit einbezieht“, erklärt Dr. med. Dipl.-Kfm. (FH) Gundolf Berg, Vorsitzender Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP eV) und Vizepräsident des SPiZ. Wir sprechen von einer multimodalen Behandlung. Die Vernetzung der unterschiedlichen Institutionen wie Schule, Gesundheitswesen, Jugendhilfe und Arbeitsförderung muss verbessert werden, um neben medikamentösen und psychotherapeutischen Angeboten im Lebensumfeld der Betroffenen anzusetzen. Sozialpsychiatrische Behandlungsangebote, die diese Bereiche integrieren können, stellen eine zentrale Säule der Versorgung dar. Adäquate medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapie erzielt die Verbesserung der aktuellen Situation der jungen Menschen – gleichzeitig bauen wir vor für die Zukunft.

„Patienten mit psychischen und neurologischen Erkrankungen benötigen unsere Unterstützung, insbesondere Kinder und Jugendliche, deren Einschränkungen sich sonst ein Leben lang auswirken können‘, betont Dr. med. Gundolf Berg. „Es ist an der Zeit, kluge Versorgungsmodelle zu etablieren, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen und für einen gesellschaftlichen Wandel zu sorgen, der psychische Erkrankungen entstigmatisiert“, so Dr. Berg weiter.

Was sind unsere Ziele?
Erstens: Entwicklung von klugen Versorgungsmodellen zur Sicherstellung der fachärztlichen Grundversorgung und einer spezialisierten Versorgung mit multiprofessionellen Behandlungsteams und Einbezug von Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen müssen etabliert und gefördert werden. Dabei muss die Familie als Ganzes behandelt werden, unter Einbezug verschiedener Fachdisziplinen für jede Altersgruppe.
Zweitens: Vorhandene Ressourcen müssen effizienter genutzt werden. Hierzu gehört die Vereinfachung administrativer Prozesse und der Abbau bürokratischer Hürden, um die Arbeitsbelastung zu verringern und mehr Zeit für die jungen Patienten zu mobilisieren. Gleichzeitig steigt die Attraktivität für nachfolgende Mediziner und nichtärztliches Personal.
Drittens: Entwicklung von gesellschaftlichen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen zum Abbau von Stigmatisierung, systematischer Benachteiligung und Diskriminierung von Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen.

Was wir fordern, weil es dringend zu tun ist:
– Das Bewusstsein für das Leiden der jungen Patientinnen und Patienten und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen müssen in den Fokus der politischen Agenda rücken.
– Seelische Gesundheit und Hirngesundheit sind ein hohes Gut, Präventions- und Früherkennungsprogramme müssen etabliert werden.
– Die Zuwendungsmedizin muss gestärkt werden – unsere Patientinnen und Patienten, insbesondere Kinder und Jugendliche, brauchen Zeit. Dreiviertel aller kinder- und jugendpsychiatrischen Praxen arbeiten mit einem speziellen sozialpsychiatrischen Schwerpunkt und können diese Personengruppe insbesondere unterstützen.
– Mit finanziellen Mitteln allein ist es nicht getan: Organisationseinheiten mit multiprofessionellen Behandlungsteams mit systematischer Delegation ärztlicher Leistungen.
– Förderung von spezialisierten Diagnostik- und Infusionszentren, z.B. für Demenz. müssen gefördert und etabliert werden.
– Bessere Vernetzung und Steuerung von Versorgungswegen.

Über die Kampagne #kopfsache:
#kopfsache – Nichts geht ohne Hirn und Psyche! ist eine Initiative der fachärztlichen Berufsverbände auf dem Gebiet der ZNS-Versorgung: Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatische Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie und ärztlicher Psychotherapie mit dem Ziel, Schwachstellen, Missstände und Handlungsbedarfe im Gesundheitssystem zu identifizieren, um die fachärztliche Versorgung in Deutschland nachhaltig zu gewährleisten.

Die vom Spitzenverband ZNS ins Leben gerufene Kampagne beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven – die Sicht der Patienten, die Auswirkungen auf die Gesellschaft und Gesundheitskosten, sowie die Ressourcen und Potenziale im Bereich der Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheitsbildern unserer Fachgruppen. Dabei werden Fakten und Herausforderungen für die einzelnen Bereiche ausgeführt und konkrete Lösungsansätze zur Verbesserung der Versorgung bei psychischen und neurologischen Erkrankungen herausgearbeitet. Zur vertieften Information werden darüber hinaus aus fachlicher Sicht ausgewählte Krankheitsbilder („Tracer Diagnosen“) wie beispielsweise ADHS, Demenz, Multiple Sklerose oder Somatisierung in einer auch für medizinische Laien verständlichen Form vorgestellt. Verbunden damit ist ein eindringlicher Appell an die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker im Bereich Gesundheitspolitik. So ruft der Spitzenverband ZNS Politiker und Entscheidungsträger dazu auf, die psychische und Hirngesundheit als prioritäre Anliegen in der Gesundheitspolitik zu verankern.

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Der Spitzenverband ZNS ist der Zusammenschluss der bedeutendsten fachärztlichen Berufsverbände auf dem Gebiet der ZNS-Versorgung: Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatische Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie und ärztlicher Psychotherapie. Er nimmt die Interessen seiner Mitglieder gebündelt wahr, um diese gegenüber der Politik, der Selbstverwaltung und der Öffentlichkeit zu vertreten.

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