In Hongkong zieht neues Leben in traditionelle Viertel wie Sai Ying Pun und Tai Hang auf Hong Kong Island ein.
Hier eröffnen lokale Unternehmer und Einwohner unabhängige Geschäfte wie Kaffeehäuser und kleine Boutiquen mit unkonventionellem Touch.
Selbst im traditionell geschäftsorientierten Central entsteht künstlerisches Ambiente, wie etwa beim PMQ, dem früheren Police Married Quarter, einem Kreativzentrum für lokale Künstler, Handelsunternehmen und Restaurants. Laut PMQ Executive Director Victor Tsang wolle man Hongkongs Vergangenheit achten und gleichzeitig die zahlreichen kreativen Talente der Metropole fördern.
Westlich von Sheung Wan liegt Sai Ying Pun, ein Labyrinth bunter Seitenstraßen, gesäumt von unabhängigen Restaurants und Läden. Eine Mischung, die sehr viel Charme verströmt. Wenn Ende des Jahres eine neue MTR Station hier öffnet, wird das ehemals ruhige Viertel noch bunter werden. Der Prune Deli Workshop in der Fuk Sau Lane eröffnete Anfang dieses Jahres. Deren Besitzerin Peggy Chan hatte hier bereits 2012 das Restaurant Grass Roots Pantry etabliert. Auch wenn einige Kunden zunächst Schwierigkeiten gehabt hätten, das Viertel zu finden, sei sie sofort vom Potential des Ortes überzeugt gewesen. „Bei uns kommen die Menschen aus der Nachbarschaft zum Frühstück und Mittagessen oder sie nehmen beim Vorbeigehen einen Smoothie und ein glutenfreies Muffin mit. Es ist ein wunderbares Gefühl, einen Ort zu schaffen, wo die Nachbarn jederzeit auf eine Tasse Tee vorbeikommen können“, so Peggy Chan. Kennengelernt hat sie die Straße über einen Freund: „Ich mochte die traditionelle chinesische Stimmung und die Tatsache, dass es dort keine Kaffeeshop-, Restaurant- und Hotelketten gab.“
Tai Hang, in der Nähe der Tin Hau MTR Station und nahe dem quirligen Causeway Bay, hat in den letzten Jahren ebenfalls eine Renaissance erlebt. Trendige Bars und Restaurants machen das Viertel sehr attraktiv für die Hongkonger und für Gastronomen. Unter ihnen ist Zanzo, eine moderne Izakaya Bar im japanischen Stil. Besitzer ist die Mira Dining Group, die man üblicherweise in 1a Handelslagen wie der ifc Mall oder dem Times Square findet. Die Betriebsleiterin von Zanzo, Katerina Bazakis, sieht in Tai Hang durchaus weiteres Potenzial.
Wan Chai ist ein anderes historisches Viertel, das eine deutliche Verwandlung erlebt, darunter die Wiederbelebung alter Gebäude wie einer Gruppe von zehn benachbarten Wohnhäusern, die 1910 in der Mallory Street gebaut wurden. Vor einem Jahr eröffnete hier die Comix Home Base, die Studios für Comic- und Animationskünstler, eine Bibliothek, Ausstellungsräume sowie Läden und Restaurants bietet. Originale Teile wie die Dachschrägen, französischen Fenster und die Balustraden und Ziegelwände wurden beim Umbau erhalten.
Lawrence Mak, General Manager für Planung und Design des Bauherren URA (Urban Renewal Authority), erläutert, dass das Gebäude seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts als Freifläche ausgewiesen war. „Damals haben die Hongkonger noch nicht über eine Konservierung nachgedacht. Alte Gebäude erfuhren nicht sehr viel Wertschätzung.“ Er ist überzeugt, dass sich dies geändert hat. So beherberge das über 100 Jahre alte Gebäude etwa ein Queens Cafe, das zu einem der ältesten Western Style Restaurant Unternehmen der Metropole gehört, und einen Hung Fook Tong Kräuterteeladen. Genau dieser nahm vor 60 Jahren in Wan Chai in einem Außenkiosk auf der Mallory Street seinen Betrieb auf. „Der Chef war begeistert, zum ursprünglichen Ort des Ladens zurückzukehren,“ so Mak.
Sofort ins Auge fällt auch das Blaue Haus in der Stone Nullah Lane in Wan Chai. In dem vor dem Krieg erbauten Gebäude mit seiner auffallenden blauen Fassade in der Nähe des Pak Tai Temple werden regelmäßig Kunstevents durchgeführt.
In diesem Umfeld wurde im letzten Jahr das Restaurant Stone Nullah Tavern eröffnet, das sich mit seiner New American Style Küche unter Verwendung organischer Produkte zu einer Attraktion entwickelt hat. Angeboten werden neben traditionellen Gerichten wie Chicken Wings auch saisonale Salate. Nach Aussage von Chef Vinny Lauria sind eine Reihe Hongkonger Einflüsse im Menü zu finden, wie etwa die chinesischen Milchbrötchen, die die Basis für seinen Foie Gras Burger bilden. Der aus New York stammende Chef fühlte sich in dem Viertel sofort wohl und lag auf einer Wellenlänge mit dem Besitzer des Restaurants, der IHM Group. „Mich erinnerte das Umfeld hier an Brooklyn und das Blue House strahlt so viel Energie aus.“
Einzigartig auf der Stone Nullah Lane ist auch das Geschäft von The Chinese Timekeeper, einer Hongkonger Luxusuhrenmarke, die der Franzose Adrien Chous gründete. Die Uhren, auf denen etwa Jade und chinesische Schriftzeichen zu finden sind, wecken viel Interesse bei chinesischen Kunden.
Choux sah das Potential des Viertels bereits 2012: „Wir waren eines der ersten Premium-Geschäfte hier. Inzwischen sind weitere kleinere Läden eingezogen. Es gibt hier nicht so viel Laufkundschaft, aber viele von denen, die vorbeikommen, sind freudig überrascht. Es ist ein charismatischer Platz und ich war bereits vor fünf Jahren überzeugt, dass dies eine der Trendstraßen von Hongkong werden kann,“ so Choux.
Iman Fok ist Executive Director von Hulu Culture, einer non Profit Organisation, die das kulturelle Erbe Hongkongs bewahren möchte. Für sie bringen die unabhängigen, kleinen Geschäfte neues Leben in die Viertel. Sie ist überzeugt, dass die Regierung bei der Bewahrung des ursprünglichen Charakters der Viertel helfen könne, indem sie Zonen mit günstigeren Mieten ausweise. So könne man lange dort ansässige Unternehmen dabei unterstützen, in ihrem angestammten Umfeld zu bleiben.
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