Das Jahr 2018 wird für die Versicherungsindustrie ein sehr interessantes werden. Die Digitalisierung ist der Grundbaustein für die Veränderungen der letzten Jahre und das zentrale Fundament künftiger Entwicklungen. Eine zunehmende Anzahl an Cyber-Angriffen, regulatorische Neuerungen wie beispielsweise die im Mai in Kraft tretende europäische Datenschutzgrundverordnung und neue Player oder Business-Modelle im Markt zählen zu den anspruchsvollen Herausforderungen, die es für die Versicherungsindustrie zu meistern gilt.
Rene Schoenauer, Product Marketing Manager EMEA bei Guidewire Software sieht für das Jahr 2018 folgende Schlüsseltrends:
Die Datenanalyse wird 2018 an Dynamik gewinnen – Stichwort Live Analytics
Unternehmen wie Facebook oder Amazon arbeiten schon seit langem mit personalisierten Angeboten. Dieser Trend hat sich auch in der Versicherungsbranche bereits seit längerem durchgesetzt und wird sich im kommenden Jahr noch weiter vertiefen. Um den Kundenbedürfnissen von heute gerecht zu werden, muss ein Versicherungsanbieter optimale Nutzererlebnisse liefern. Hierfür werden Versicherer im kommenden Jahr ihre Kernprozesse durch die Nutzung moderner Datenanalysen noch weiter automatisieren. Diese werden, entgegen der bisher verbreiteten Praktik, nicht mehr in Form von Datensilos neben Arbeitsprozesse gestellt, sondern in Form von smarten Kernsystemen die Grundlage für Entscheidungsprozesse und Angebote bilden. Die nächste Generation der Datenanalyse ist Live Analytics, der Zugriff und die Verwendung von Datenanalysen quasi in Echtzeit. Diese ermöglichen sowohl auf Kunden-, als auch auf Versichererseite ein optimiertes Nutzererlebnis.
Data Listening wird Versicherern helfen neue Risiken des 21. Jahrhunderts zu zeichnen
Das Absichern von Cyber-Risiken rückt für Versicherer verstärkt in den Fokus. Die Anzahl von Cyber-Angriffen auf sensible Bereiche von Unternehmen nimmt zu. Die im Mai in Kraft tretende europäische Datenschutzgrundverordnung verpflichtet zusätzlich alle Unternehmen zu einer verstärkten Absicherung und zu einem sensibleren Umgang mit Kundendaten.
Um solche Cyber-Risiken verlässlich zeichnen zu können, benötigen Versicherer die Möglichkeit, nicht traditionelle Daten zu analysieren. Versicherer werden in Zukunft Ihre Fähigkeiten der Datenanalyse, mit der sie heutzutage unter anderem schon in der Lage sind, personalisierte Produkte anzubieten, erweitern, um mit Data Listening von externen Datenquellen die Evaluierung und Tarifierung von neuen Risikoklassen zu ermöglichen.
Künstliche Intelligenz wird in Zukunft noch intelligenter genutzt werden
KI wird in Zukunft dazu beitragen, Arbeitsabläufe in der Versicherungsbranche zu automatisieren und damit zu erleichtern. Entscheidungen, die anhand einer vom Menschen verwertbaren Datengrundlage getroffen wurden, werden in Zukunft von Systemen übernommen werden. Maschinelles Lernen ermöglicht es, mit Predictive Analytics selbst komplexe Risiken zu antizipieren. Dadurch werden Mitarbeiter mehr Kapazitäten erhalten, ihren Fokus deutlich stärker auf den Kundenservice zu legen. Maschinelles Lernen und Predictive Analytics werden im Bereich der Verhaltensanalyse Mitarbeitern sogar eine höhere Empathiefähigkeit im Umgang mit Kunden ermöglichen. Beim InsurTech Cogito beispielsweise wird diese Technologie dazu genutzt, Kommunikationssituationen zwischen Mitarbeiter und Kunde zu verfolgen und dem Mitarbeiter zu melden, in welchen Bereichen das Gespräch stagniert. Das System liefert, basierend auf den vorliegenden Informationen, eine Empfehlung, wie der entsprechende Mitarbeiter mehr emotionale Intelligenz zeigen kann.
Omnichannel-Service und Personalisierung wird 2018 noch weiter ausgebaut werden
Die Digitale Transformation hat dazu geführt, dass sich der Kunde in einer zunehmend komplexen Umgebung Vereinfachungen wünscht. Im nächsten Jahr werden neben dem klassischen Webzugang, Smartphones und anderen mobilen Endgeräten vor allem die Sprachsteuerung sowie auf künstlicher Intelligenz basierende Chatbots weiter an Bedeutung gewinnen. Von diesen Interaktionsmöglichkeiten profitieren sowohl Versicherungsnehmer, Versicherungsmitarbeiter als auch Vermittler. Digitale Fußspuren, die Nutzer bei ihren Aktivitäten im Internet in sozialen Medien hinterlassen, liefern wertvolle Daten zu Versicherungskunden. Diese sind aussagekräftige Parameter für die Produktentwicklung und das Underwriting und werden fortan noch stärker personalisierte Versicherungsangebote und smarte Produkte möglich machen.
InsurTechs werden langweiliger aber für die Branche bedeutungsvoller
2018 wird zeigen, wie sich InsurTechs mehr und mehr beweisen müssen. In 2017 fand das erste Umdenken statt. Wo bisher InsurTechs noch das Ende der klassischen Versicherer vorhergesagt hatten, stehen die Zeichen vermehrt auf Kollaboration mit der klassischen Versicherungswirtschaft sowie auf Bereicherung der Wertschöpfungskette durch additive Dienste, wie beispielsweise Kundenkommunikation, Underwriting und Tarifierung oder Schadenregulierung. Beispiele hierfür sind Unternehmen wie Octo Telematics im Bereich Telematikdaten oder WeGoLook, welche ein Netzwerk für die Bereiche Risikobewertung, Schadenregulierung und Dokumentation anbietet. InsurTechs werden somit über offene APIs zu Teilnehmern in einem Ökosystem von Versicherungsanbietern.
Traditionelle Versicherer, wie beispielsweise die Basler Gruppe, werden auch stärker in eigene digitale Geschäftsmodelle investieren, wie das Beispiel FRI:DAY aus Berlin zeigt.
Es wird demnach nicht zu einer Disruption des gesamten Versicherungsmarktes kommen. Vielmehr wird ein wechselseitiger Austausch für beide Seiten gewinnbringend sein und die Modernisierung der gesamten Branche in Form einer Technologisierung vorantreiben.
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