Üble Nachrede per WhatsApp – außerordentliche Kündigung

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Üble Nachrede per WhatsApp - außerordentliche Kündigung
Stefan Bell, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Verbreitet eine Arbeitnehmerin eine unzutreffende Behauptung, die geeignet ist, den Ruf eines Kollegen erheblich zu beeinträchtigen per WhatsApp an eine andere Kollegin, kann dies einen Grund darstellen, der den Arbeitgeber auch zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt.
LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.03.2019, – 17 Sa 52/18
(Leitsatz vom Verfasser)

Die Klägerin wurde von der Beklagten als kaufmännische Angestellte eingestellt. Die Parteien vereinbarten u.a. eine Probezeit von 6 Monaten, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen beendet werden können soll.

Nur wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, also noch innerhalb der Probezeit, informierte die Klägerin eine Kollegin mittels des Messenger-Dienstes „WhatsApp“ über den Inhalt eines gerade stattgefundenen Gesprächs mit einigen flüchtigen Bekannten, vor allem über das (unzutreffende) Gerücht, ein Mitarbeiter der Beklagten (gleichzeitig Vater des Geschäftsführers) sei ein verurteilter Vergewaltiger.

Hierüber von der Kollegin informiert kündigte der Geschäftsführer der Beklagten das Arbeitsverhältnis unverzüglich außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage mit der Begründung, sie habe auf den Wahrheitsgehalt des Gerüchtes vertraut und auch auf die Vertraulichkeit der WhatsApp-Kommunikation.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, soweit sie sich gegen die außerordentliche Kündigung richtete. Das LAG Baden-Württemberg hob das Urteil auf und wies die Klage ab im Wesentlichen mit der folgenden Begründung.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht erst aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Probezeitkündigung endete, sondern bereits durch außerordentliche Kündigung vom 19. Februar 2018 mit sofortiger Wirkung.
Einen die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen u. a. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber und/oder Vorgesetzte bzw. Kollegen aufstellt, insbesondere wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen.
Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann insbesondere vorliegen, wenn der Arbeitnehmer zu Lasten eines Vorgesetzten den Tatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB) erfüllt. Die Begehung von (Ehr-)Delikten zu Lasten des Arbeitgebers oder zu Lasten von Vorgesetzten ist grundsätzlich geeignet, einen die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund darzustellen. Dabei kommt es nicht auf die strafrechtliche Wertung an, sondern darauf, ob dem Arbeitgeber deswegen nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zuzumuten ist (BAG, 21. April 2005 – 2 AZR 255/04).

Die Klägerin verbreitete über WhatsApp die objektiv unzutreffende Behauptung, ein Mitarbeiter sei ein verurteilter Vergewaltiger. Diese Behauptung stellt eine ehrenrührige Behauptung dar, die zudem geeignet ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

Die Klägerin kann sich für ihr Verhalten auch nicht mit Erfolg auf einen Rechtfertigungsgrund, insbesondere die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§193 StGB) berufen.

Nicht der Wahrnehmung berechtigter Interessen dienen Äußerungen, die lediglich der Freude am Klatsch, der Befriedigung menschlicher Neugier und der Erregung von Sensationen dienen. Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass sie in Sorge um ihr eigenes Wohl war und sich als Frau an ihrem Arbeitsplatz in der Firma nicht mehr sicher fühlte, nachdem sie von der Behauptung gehört hatte, Herr S. sei ein verurteilter Vergewaltiger. Die Sorge um das eigene Wohl und das Wohl einer Kollegin rechtfertigt jedoch nicht das Verbreiten des Gerüchtes, denn das Verbreiten des Gerüchts ist per se nicht geeignet, die eigene Sicherheit oder auch nur das von ihr empfundene Sicherheitsgefühl zu verbessern.

Fazit:
Vielleicht verleiten social networks ja dazu, sorgloser mit Tatsachen umzugehen oder (fake news) völlig darauf zu verzichten – bezieht sich ein solches Verhalten jedoch auf das Arbeitsverhältnis, kann das ganz schnell zu einem bösen Erwachen führen. Das gilt im Übrigen nicht nur für Beleidigungen oder Verleumdungen, sondern auch für andere abfällige Bemerkungen, wenn zum eigenen Arbeitsplatz ein Zusammenhang besteht und deshalb das Arbeitsverhältnis belasten kann (Krankenpfleger befürwortet Euthanasie, Lehrer ist für Prügelstrafe usw.).
Stefan Bell, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Bell & Windirsch, Britschgi & Koll Anwaltsbüro

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