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Wann sind Kosten steuerlich abziehbar?

Unterbringung im Senioren-/Pflegeheim (Teil 1)
Steuerberaterin Bettina M. Rau-Franz

Autor: Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz, Steuerberaterin und Partnerin in der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner in Düsseldorf, Essen und Velbert

Essen, 28. Oktober 2016****Wer in einem Senioren-/Pflegeheim lebt oder den Umzug plant, weiß, dass die Heimunterbringung eine teure Angelegenheit sein kann. In bestimmten Fällen können die Heimkosten steuerlich als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art abgesetzt werden. Doch wann sind die Kosten steuerlich abziehbar?

Sind die Kosten abziehbar, dann berücksichtigt der Finanzbeamte die Aufwendungen ohne Höchstbetragsbegrenzung – das gilt zumindest, soweit die Kosten angemessen sind. Dennoch wirken sich die Aufwendungen nur aus, soweit sie zusammen mit anderen außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art die sogenannte zumutbare Belastung überschreiten.

Werden die Voraussetzungen für den Abzug der Heimunterbringungskosten nicht erfüllt, dann kommt trotzdem der Abzug von tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegeleistungen als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art infrage.

Voraussetzung ist, dass die Pflegeleistungen von einem nach § 71 SGB XI anerkannten ambulanten Pflegedienst oder vom Betreiber eines nach § 71 SGB XI zur Pflege zugelassenen Heims ausgeführt und gesondert in Rechnung gestellt worden sind.

Wenn man selbst im Heim lebt

Nur wenn die Heimunterbringung nachweislich wegen Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Krankheit notwendig ist, können die Kosten zu abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen führen. Ein Heimaufenthalt aus Altersgründen ist dagegen steuerlich nicht absetzbar.
Hierzu ein Beispiel aus einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.12.2015 (12 K 206/14, EFG 2016 S. 647):

Die im Jahr 1924 geborene Erna (E) zieht im Jahr 2010 aus Altergründen in ein Apartment eines Wohnstifts. Gemäß dem Vertrag mit dem Wohnstift darf sie das Apartment als Wohnung nutzen, kann am gemeinsamen Mittagstisch teilnehmen und die gemeinschaftlichen Bereiche des Wohnstifts nutzen.

Da sie keine Krankheiten hat, nimmt sie keine Pflegeleistungen durch das Personal des Wohnstifts in Anspruch, jedoch wird das Apartment als auch das Badezimmer unter anderem durch das Personal wöchentlich gereinigt.

14 Monate nach Einzug (September 2011) erhält E durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung die Pflegestufe I zugesprochen. Für das Jahr 2012 beantragt sie daher im Einspruchsverfahren die Aufwendungen für das Apartment im Wohnstift als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG zu berücksichtigen.

Nach erfolglosem Einspruch klagte E.

Aber: die Klage wird als unbegründet zurückgewiesen.

Aus der Urteilsbegründung:
Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (steuerlicher Begriff: außergewöhnliche Belastung).

Kann der Steuerpflichtige sich nun den Aufwendungen nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen entziehen und sind sie notwendig und angemessen, so sind sie zwangsläufig entstanden.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass sie auch außergewöhnlich sind. Dies ist gegeben, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen, sodass die Aufwendungen für die Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, nicht nach § 33 des Einkommensteuergesetztes zu berücksichtigen sind.

Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof in München, hat in seiner ständigen Rechtsprechung entschieden, dass zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim anzusehen sind.

Ist der Steuerpflichtige nur – wie bei Personen in seinem Alter üblich – pflegebedürftig, sind nur die Aufwendungen nach § 33 des Einkommensteuergesetztes (also unter Abzug der sog. zumutbaren Eigenbelastung) zu berücksichtigen, die für die Unterbringung in der Pflegestation eines Heims anfallen oder die dem Steuerpflichtigen zusätzlich zu dem Pauschalentgelt für die Unterbringung und eine eventuelle Grundpflege infolge Krankheit oder Pflegebedürftigkeit entstehen. Eine Aufteilung eines Pauschalpreises kommt somit nicht in Betracht.

Die Aufwendungen können also ausnahmsweise gem. § 33 des Einkommensteuergesetztes dann berücksichtigt werden, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst wurde. Allerdings sind die Aufwendungen in diesem Fall um eine Haushaltsersparnis zu mindern.

Dies gilt gemäß einem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts allerdings auch dann nicht, wenn der Umzug erst aus Altersgründen und nicht krankheitsbedingt erfolgt ist.
Da im entschiedenen Fall die Krankheit erst später eingetreten ist, können die Aufwendungen daher nicht berücksichtigt werden.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Diese wird unter dem Az VI R 3/16 beim BFH geführt.

Unser Hinweis:
Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen in einem Alten- oder Pflegeheim können unter bestimmten Voraussetzungen (Alter, Krankheit, Hilflosigkeit) als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, § 33a Abs. 3 EStG. Die Eintragung der Merkzeichen „H“ oder „BI“ im Behindertenausweis sind Indiz, aber nicht Voraussetzung. Dies gilt jedoch nicht für den begleitenden, nicht pflegebedürftigen Ehegatten.

Wir fassen zusammen
-Krankheitsbedingte Unterbringungskosten in einer dafür vorgesehenen Einrichtung sind aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und daher dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
-Die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim rechnen zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung.
-Auch im Fall der Heimunterbringung kann der Tatbestand des § 33 EStG erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist.

Die nächste Frage wäre: Was ist ein Heim?

Im Einkommensteuerrecht führen vielfältigen Wohnformen zu Abgrenzungsproblemen, zumal sie auch noch mit den unterschiedlichsten Bezeichnungen daherkommen. Deshalb stellen sich die Fragen:

-Wann liegt ein Heim im Sinne des Einkommensteuergesetztes vor? Gelten bei Pflegebedürftigkeit, Behinderung und Krankheit die gleichen Abgrenzungskriterien?
-Wie müssen Sie nachweisen, dass Sie in einem Heim im Sinne des Einkommensteuergesetzes leben?

Offizielle Antworten auf diese Fragen gibt es derzeit noch nicht, denn weder im Einkommensteuergesetz, noch in den Verwaltungsanweisungen lassen sich Regelungen hierzu finden. Dennoch sind die Antworten wichtig, denn es geht um die Frage,
-ob der Finanzbeamte sämtliche Heimkosten einschließlich Unterbringung und Verpflegung anerkennen muss oder
-ob er den Abzug trotz nachgewiesener Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Krankheit verweigern darf.

Unseres Erachtens sind hier unterschiedliche Kriterien maßgebend, je nachdem,
-ob bei der Heimunterbringung der pflegerische Bedarf im Vordergrund steht oder
-psychische bzw. seelische Einschränkungen usw. ursächlich sind.

Lesen Sie in Teil 2, welcher Anlass zu abziehbaren Heimkosten führt. Teil 3 beschäftigt sich mit der Frage, welche Kosten abziehbar sind und im vierten und letzten Teil erfahren Sie, welche steuerlichen Möglichkeiten bestehen, wenn Sie Heimkosten für einen Angehörigen tragen.

Was im Gründungsjahr 1979 mit klassischer Steuerberatung begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem fachübergreifenden Full-Service-Angebot entwickelt. Die Kanzlei Roland Franz & Partner in Düsseldorf, Essen und Velbert ist seit mehr als 30 Jahren die erste Adresse für kompetente Steuerberatung, Rechtsberatung und mehr. Die rund 30 Mitarbeiter der drei Niederlassungen bieten individuelle, auf die jeweilige Situation angepasste, Lösungen. Die ersten Schritte zur Realisierung einer fachübergreifenden Mandantenberatung wurden bereits Anfang der 90er Jahre durch Kooperation mit einer Wirtschaftsprüfungspraxis und einer Rechtsanwaltskanzlei im gleichen Hause geschaffen. Heute bietet Roland Franz & Partner als leistungsstarke Partnerschaftsgesellschaft vielfältige Beratungs- und Serviceleistungen aus einer Hand, die für die Mandanten Synergieeffekte auf hohem Niveau sowie eine Minimierung des Koordinationsaufwandes gleichermaßen nutzbar machen.

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