Auf der Autobahn Richtung Urlaub
In einigen Bundesländern starten bald die Ferien. Mit dem Sommer beginnt in Deutschland daher auch die Hauptreisezeit. Für den Straßenverkehr bedeutet das: Fahrzeuglawinen, Staus und mehr Unfälle. Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, informiert, welche Regeln auf der Autobahn gelten und worauf Urlauber bei Stau, Überholmanövern und Geisterfahrern achten sollten, um sicher ans Ziel zu kommen.
Sicher Auffahren
Die Auffahrt auf die Autobahn ist sicher kein Hexenwerk, aber schon hier gibt es einiges zu beachten: Es gilt, zügig auf den Beschleunigungsstreifen zu fahren und seine gesamte Länge zum Einfädeln zu nutzen. „Auf dem Beschleunigungsstreifen dürfen Autofahrer übrigens schneller fahren als die Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn – das heißt, sie dürfen diese rechts überholen“, informiert Michaela Rassat. „Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) hat außerdem der fließende Verkehr auf der Autobahn immer Vorfahrt.“ Das heißt: Auffahrende Fahrer müssen eine Lücke abwarten, da das Reißverschlussverfahren hier nicht gilt. „Endet der Beschleunigungsstreifen, ohne dass sich eine Möglichkeit zum Einfädeln ergeben hat, müssen Urlauber anhalten und auf eine Lücke warten“, so die Rechtsexpertin.
Rechtsfahrgebot beachten
Dass auf deutschen Autobahnen ein Rechtsfahrgebot gilt, wissen die meisten. Doch was bedeutet das genau? „Die StVO schreibt vor, dass Autofahrer immer möglichst weit rechts fahren müssen. Die linke Spur dürfen sie nur zum Überholen nutzen“, erläutert Rassat. Es gibt jedoch eine Sonderregel für dreispurige Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften. Hier dürfen Autofahrer auf der Mittelspur bleiben, auch wenn rechts nur hin und wieder ein Fahrzeug unterwegs ist. Damit möchte der Gesetzgeber überflüssige, riskante Spurwechsel vermeiden. Bei den Gerichten hat sich aber folgende Faustregel herausgestellt: „Sobald die Spur rechts deutlich länger als 20 Sekunden frei ist, müssen Fahrer wieder nach rechts wechseln“, so die ERGO Juristin. Sonst verstoßen sie gegen das Rechtsfahrgebot auf der Autobahn und das kann ein Bußgeld von 80 Euro und einen Punkt in Flensburg zur Folge haben.
Geschwindigkeit und Abstand
Die Autobahnen in Deutschland sind dafür bekannt, keine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung zu haben. „Es empfiehlt sich aber, sich an eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h zu halten“, sagt Rassat. Allerdings ist auch das Langsamfahren ohne triftigen Grund laut StVO verboten, wenn es den Verkehrsfluss behindert. Die Rechtsexpertin rät daher, die Geschwindigkeit immer an die Verkehrssituation und die Witterungsverhältnisse anzupassen. Um die Sicherheit zu erhöhen, sollten Autofahrer außerdem genügend Abstand zu dem Fahrzeug vor ihnen einhalten. „Die optimale Distanz ergibt sich aus dem halben Tachowert in Metern. Wer 100 km/h fährt, sollte also 50 Meter Abstand halten“, erläutert die Juristin von ERGO. Orientierung bieten die Leitpfosten am Fahrbahnrand alle 50 Meter.
Was beim Überholen erlaubt ist
Beim Überholen sollten Autofahrer besonders aufmerksam sein und darauf achten, andere nicht zu gefährden. „Außerdem gilt laut § 5 StVO: Überholen ist nur links erlaubt. Ausnahmen sind nach § 7 Abs. 2a StVO stockender Verkehr und Stau“, so die Rechtsexpertin. „Hier gilt die Faustregel: Stehen die Fahrzeuge links oder fahren sie höchstens 60 km/h schnell, dürfen Fahrer auf der rechten Spur sie mit einer maximalen Differenzgeschwindigkeit von 20km/h vorsichtig überholen.“ Ein Überholverbot gilt bei unklarer Verkehrslage. Übrigens: Auch Fahrer, die überholt werden, haben Pflichten: Sie dürfen nicht Gas geben oder den Überholenden behindern.
Der Seitenstreifen ist tabu
Vor allem bei Stau ist es verlockend, den Seiten- beziehungsweise Standstreifen zu befahren – etwa, um schneller zur nächsten Ausfahrt zu gelangen. „Doch das ist strikt verboten“, so die ERGO Juristin. Nur wer eine Panne oder einen Unfall hat, darf sein Fahrzeug auf dem Standstreifen abstellen. Außerdem dient er Einsatzfahrzeugen dazu, schneller zum Unfallort zu gelangen. „Autofahrer dürfen den Seitenstreifen nur befahren, wenn dies explizit erlaubt ist“, erläutert Rassat. Das kann zum Beispiel bei hohem Verkehrsaufkommen an Hauptreisetagen oder bei Baustellen der Fall sein. Autofahrer, die sich nicht daran halten, riskieren ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg.
Ferienzeit = Stauzeit
Wer auf ein Stauende zufährt, sollte ausreichend Abstand halten und den Warnblinker anschalten. Die wichtigste Regel: Rettungsgasse bilden! Dazu sollten Autofahrer auf der linken Spur so weit wie möglich nach links fahren, während diejenigen auf den übrigen Spuren so weit wie möglich nach rechts fahren. Der Standstreifen bleibt dabei allerdings frei. Die ERGO Juristin rät außerdem, das Auto nicht zu verlassen, wenn keine Notsituation vorliegt und auch die Handynutzung ist bei laufendem Motor tabu. Darüber hinaus ist es verboten, zu wenden oder rückwärts zu fahren – das wird mit einem Bußgeld von bis zu 290 Euro bestraft. „Auch Motorradfahrer dürfen sich bei einem Stau nicht zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurchschlängeln“, ergänzt Rassat.
Erhöhte Vorsicht bei Geisterfahrern
Wer im Radio von einem Geisterfahrer auf seiner Strecke erfährt, dem empfiehlt die Rechtsexpertin von ERGO Folgendes: Tempo reduzieren und möglichst weit rechts fahren. Ebenfalls wichtig: Ausreichend Abstand zu vorherfahrenden Fahrzeugen einhalten und nicht überholen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem rät Rassat, die Autobahn so bald wie möglich zu verlassen oder auf einem Rastplatz eine Pause einzulegen, bis Entwarnung kommt.
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