Ankündigungen des Verbandes der Ersatzkassen verärgern deutsche Psychotherapeuten.
Auf dem Neujahrsempfang des Verbandes der Ersatzkassen e. V (vdek) präsentierten der Verbandsvorsitzende Uwe Klemens und die Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner, wie sie sich eine bessere Zukunft für die gesetzlichen Krankenkassen und die Ersatzkassen vorstellen. Das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) stellt die Ideen zu einer Reform der psychotherapeutischen Versorgung in Frage.
o Vdek: Psychotherapeutischer Versorgungsmangel liegt nicht an zu wenig Kassensitzen, sondern an fehlenden Telefonisten.
o Vdek: Forderung der Ausweitung des Opt-Out-Verfahrens bei allen Verfahren der elektronischen Patientenakte.
o Vdek: Freiwerdende Praxen sollen bevorzugt mit “schnelleren” systemischen Therapieverfahren nachbesetzt werden.
o Vdek: Hälfte aller freiwerdenden Therapieplätze sollen an die Terminservicestellen gemeldet werden
Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler empfindet die Äußerung von vdek-Vorstandsvorsitzender Ulrike Elsner, dass der Terminmangel mit zusätzlichem Telefon-Personal zu lösen sei, als freche Einmischung: “Hier wird unterstellt, dass Therapeuten zu blöd sind, um ihre Arbeit richtig zu organisieren. Jetzt soll der Staat eingreifen und Ordnung ins vermeintliche Chaos zu bringen. Ein perfides Ablenkungsmanöver von einem gestiegenen Behandlungsbedarf, der gesehen wird, aber nichts kosten darf.”
Dieter Adler lädt Ulrike Elsner in seine Praxis ein, um einmal den Telefondienst zu übernehmen: “Sie werden schnell feststellen, dass fehlende freie Therapieplätze das Problem sind und nicht die mangelnde Erreichbarkeit. Der Bedarf ist generell in der vergangenen Dekade gestiegen. Hinzu kamen in den letzten Jahren psychische Neuerkrankungen und Rückfälle durch die Corona-Pandemie und Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine. So etwas kann man nicht einfach wegtelefonieren. Wenn ein Bus voll ist, aber noch Fahrgäste an der Haltestelle warten, macht es wenig Sinn, den Busfahrer zu verprügeln.”
Zudem sehen die deutschen Psychotherapeuten die zwanghafte Befüllung der elektronischen Patientenakte mit dem Opt-Out-Verfahren kritisch. Dieter Adler äußert: “Big Brother is watching you” wird Realität, wenn die Vorstellungen der Krankenkassen eintreten. Weder Patienten noch Ärzte oder Psychotherapeuten haben Kontrolle darüber, was in der persönlichen Akte aufgenommen wird. Sicher möchten die Kassen und viele andere alles wissen. Wir lehnen dies strikt ab.”
Eine weitere Forderung des vdek stößt auf Kritik des DPNW. Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler kommentiert: “Die Krankenkassen wollen mit der Bevorzugung der systemischen Therapie Geld sparen und diskreditieren längere Behandlungen. Längere Behandlungen sind aber nicht schlechtere Behandlungen, sondern bilden häufig den Schweregrad einer psychischen Erkrankung ab. Wohl kaum ein Vertreter der Krankenkassen würde auf die Idee kommen, Blinddarmoperationen mit Herztransplantationen zu vergleichen.”
Nach Auffassung des vdek sollen künftig die Hälfte aller freiwerdenden Therapieplätze an die Terminservicestellen weitergegeben werden. Dieter Adler fragt sich, ob die Krankenkassen den Begriff Wartelisten kennen. Aus DPNW-Sicht solle wohl suggeriert werden, dass die Hälfte der freiwerdenden Psychotherapieplätze überhaupt nicht vergeben würde. Adler meint: “Hiermit haben die Kassenvertreter entweder den größten Bock an Unkenntnis geschossen oder sie manipulieren absichtlich die Öffentlichkeit, um den Berufsstand der Psychotherapeuten zu diffamieren. Mit beidem disqualifiziert sich der vdek selbst.”
Über den Verband
Das “Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk – Kollegennetzwerk Psychotherapie” (DPNW) wurde am 02.05.2019 in Bonn gegründet. Es hat über 2.000 Mitglieder und 12.000 Abonnenten seines Freitags-Newsletters. Damit ist der DPNW drittgrößter Berufsverband im Bereich Psychotherapie. Der Vorstand besteht aus: 1. Vorsitzender: Dipl.-Psych. Dieter Adler, 2. Vorsitzende: Dipl.-Psych. Claudia Reimer, Kassenwart: Dipl.-Psych. Robert Warzecha. Mehr unter: www.dpnw.de
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