Essen – Immer wieder taucht der Begriff “gemeinschaftliches Testament” auf. Aber was hat es damit auf sich? “Ein gemeinschaftliches Testament ist in den §§ 2265 ff. BGB geregelt und kann von Ehegatten sowie von eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden. Das Wesen eines gemeinschaftlichen Testaments liegt in der Gemeinschaftlichkeit seiner Errichtung aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses (Wille gemeinschaftlicher Testierung) zweier Personen”, erklärt die zertifizierte Testamentsvollstreckerin Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz, Steuerberaterin und Partnerin in der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner in Düsseldorf, Essen und Velbert.
Den Partnern steht die Wahl zwischen einem öffentlichen oder einem eigenhändigen Testament zu. Das eigenhändige gemeinschaftliche Testament muss von beiden Partnern eigenhändig unterschrieben werden, wobei es gem. § 2267 BGB ausreicht, wenn nur eine Person die gemeinschaftliche Erklärung niederschreibt. Währenddessen das öffentliche gemeinschaftliche Testament nur zur Niederschrift eines Notars errichtet werden kann.
“Die Ehegatten bedenken sich oftmals gem. §§ 2270, 2271 BGB wechselseitig. Die jeweiligen gegenseitigen Verfügungen werden daher miteinander eng verbunden. Es handelt sich um sogenannte wechselseitige Verfügungen. Nach § 2270 I BGB gilt danach für wechselseitige Verfügungen, dass beide im Zweifel nichtig sind, sofern eine Verfügung nichtig ist oder widerrufen wurde. Für den Widerruf solcher Verfügungen legt § 2271 BGB Besonderheiten bezüglich Form und Frist fest. Danach gelten die Rücktrittsvorschriften des Erbvertrags nach den §§ 2295 ff. BGB. Das Widerrufsrecht erlischt zudem mit dem Tod eines Ehegatten”, weist Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz auf eine Besonderheit in einem gemeinschaftlichen Testament hin.
In einem gemeinschaftlichen Testament können sich Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner inhaltlich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzen. Sie können in einem gemeinschaftlichen Testament beispielsweise auch verfügen, dass der Nachlass nach dem Tod beider auf einen oder mehrere Dritte – in der Regel die gemeinsamen Kinder – übergehen soll.
Nach Aussage von Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz stehen hierfür zwei Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung:
Zum einen das sog. Trennungsprinzip. Danach wird der überlebende Ehegatte als Vorerbe gesehen, der als solcher relativen Verfügungsbeschränkungen i.S.d. §§ 2112 ff. BGB unterliegt. Wenn der überlebende Ehegatte in diesem Sinne Vorerbe ist, dann ist der Dritte, der Erbe des überlebenden Ehegatten werden soll, automatisch Nacherbe.
Zum anderen gibt es das sog. Einheitsprinzip. Danach wird der überlebende Ehegatte Vollerbe, er unterliegt keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Nachlasses. Der dort eingesetzte Dritte ist somit Schlusserbe. Diese Auslegung wird auch durch die Auslegungsregel im Gesetz bestätigt: Im Zweifel ist eine solche Gestaltung so zu verstehen, dass zugunsten des überlebenden Ehegatten das Einheitsprinzip gilt (vgl. § 2269 I BGB). Das bedeutet jedoch auch, dass anhand des Einzelfalls das Ergebnis durch Auslegung zu ermitteln ist. Umgangssprachlich spricht man dann von einem Berliner Testament. In diesem Zusammenhang sei ergänzt, dass mit dem Tod des ersten Ehegatten Pflichtteilsansprüche der Kinder ausgelöst und auch geltend gemacht werden können, soweit sie nicht beispielsweise durch Verzicht oder Erbunwürdigkeit davon ausgeschlossen sind. Diesem Umstand kann allerdings durch geeignete Klauseln im Testament begegnet werden.
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