Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht, Alexander Bredereck Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urteil vom 05. Juli 2012 – 6 Sa 71/12 – juris).
Für das Wort Whistleblower gibt es im Deutschen bisher keinen geeigneten Ersatz. Grob gesehen könnte man den Whistleblower einen Hinweisgeber nennen. Aktuell ist Edward Snowden der bekannteste von ihnen und das Thema Whistleblowing in aller Munde. In Deutschland gab es allerdings zu diesem Thema schon einen Fall, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Es handelte sich dabei um den Rechtsstreit Heinisch gegen die Bundesrepublik Deutschland (Nr. 28274/08), der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschieden wurde. Nach Ansicht des EGMR war in diesem Fall und so auch in der Regel das Aufdecken von Missständen nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Trotz dieser Entscheidung änderte sich in der deutschen Gesetzgebung nicht viel bezüglich des Schutzes von Whistleblowern. Wie sieht es nun in diesem Fall aus?
Fall:
Im vorliegenden Fall wehrte sich die Klägerin gegen eine fristlose Kündigung. Sie hatte als Hauswirtschafterin bei einem Ehepaar gearbeitet, deren zwei Kinder im Alter von zwei Jahren und zehn Monaten sie betreute. Nach Erhalt einer ordentlichen Kündigung hatte die Klägerin eine Anzeige beim Jugendamt gemacht und behauptet, dass sich die Tochter der Eheleute im Zustand der Verwahrlosung befand. Diese Vorwürfe konnten die Eheleute mit Hilfe eines Attestes widerlegen.
Entscheidung des Gerichts:
Die Klage gegen die fristlose Kündigung wurde vom Gericht abgewiesen. Ein gemäß § 626 Abs. 1. BGB erforderlicher wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung lag aufgrund der Anzeige der Hauswirtschafterin beim Jugendamt vor. Das Gericht fährt damit in der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes fort, nach der ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegen kann, wenn eine Anzeige bei einer staatlichen Behörde gemacht wurde. Maßgeblich für die Beurteilung sei, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde. Nach Ansicht des EGMR sollte der Arbeitnehmer in solchen Fällen grundsätzlich zunächst eine interne Klärung in Betracht ziehen und sich darüber hinaus vergewissern, dass seine Informationen auch zutreffend und zuverlässig sind. Schließlich müsste der Arbeitnehmer auch gutgläubig und vom Wahrheitsgehalt seiner Informationen überzeugt sein.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin jedoch unverhältnismäßig auf den Ausspruch der ordentlichen Kündigung reagiert. Sie hätte in jedem Fall erst eine interne Klärung in Betracht ziehen müssen. Mit der vorzeitigen Anzeige beim Jugendamt hatte sie das Vertrauensverhältnis zu den Beklagten dermaßen belastet, dass diesen eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar war.
Die vorschnelle Anzeige angeblichen Fehlverhaltens des Arbeitgebers beim Jugendamt durch eine Arbeitnehmerin, die mit der Betreuung von Kleinkindern beschäftigt ist, stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar.
(LAG Köln, Urteil vom 05. Juli 2012 – 6 Sa 71/12 – juris).
18.4.2014
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.
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