Entscheidung des Bundesgerichtshofs – Bürgschaften sind nicht vom Widerrufsrecht betroffen, von Valentin Schulte (Kanzlei Dr. Thomas Schulte, Berlin)
Verbraucher sind in unserem Rechtssystem besonders geschützt. Als Verbraucher gilt hierbei gemäß § 13 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“. Einfacher ausgedrückt: Jemand der privat ein Rechtsgeschäft abschließt ist ein Verbraucher.
Verbraucher haben Überlegungsfristen für Verträge
Ein besonderer Schutz, für Verbraucher, ist das Widerrufsrecht gemäß §§ 355 f. BGB; § 312g BGB, welches ihnen ermöglicht beispielsweise Online-Einkäufe ohne Angabe von Gründen, aber meistens nach einer Begutachtung zu Hause zurückzuschicken. Gefällt das gekaufte nicht wird der Kaufvertrag einfach widerrufen. Wichtig ist hierbei, dass es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag oder einem sogenannten Fernabsatzvertrag handelt. Verbraucher haben dann 14 Tage Zeit den Vertrag ohne Angabe eines Grundes zu widerrufen. Wird der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert, kann die verlängert eine Rückabwicklung des Vertrages folgen.
Überlegungsfrist aber nicht für Bürgschaften
Von diesem Widerrufsrecht kann jedoch nicht bei Bürgschaften Gebrauch gemacht werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof, das oberste Gericht Deutschlands, mit Urteil vom 22.09.2020 (IX / XI ZR 219/19).
Der Bürge wird gewürgt, sagt der Volksmund
Bei einer Bürgschaft im Sinne des § 765 BGB verpflichtet sich der Bürge, dem Gläubiger eines Dritten gegenüber, für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten einzustehen. Oft verlangen Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen die private Bürgschaft des Geschäftsführers und/oder des Gesellschafters. Fällt das Unternehmen nun aus, kann die Bank vom Bürgen die Rückzahlung aus dessen Privatvermögen verlangen.
In dem entschiedenen Fall hatte der Allein-Geschäftsführer und Gesellschafter eines Unternehmens mit mehreren Hunderttausend Euro privat für einen Bankkredit für das eigene Unternehmen gebürgt. Der Geschäftsführer widerrief die Bürgschaftserklärung, nachdem das Unternehmen in Insolvenz geraten war. Die Bank forderte ihr Geld. Der Mann trug vor: Er habe die Widerrufsbelehrung nicht in den Geschäftsräumen der Bank, sondern in der eigenen Firma unterzeichnet. Es handele sich somit um einen außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag mit entsprechendem Widerrufsrecht. Er sei jedoch nicht über das Widerrufsrecht belehrt worden.
Urteil gegen den Bürgen – Widerruf fällt aus
Der Bundesgerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und entschied, dass eine Bürgschaft nicht mit einem Verbrauchervertrag gleichzusetzen sei. Bürgschaften erfüllen somit nicht die Voraussetzungen, die einen Widerruf möglich machen und diese Bürgschaft kann nicht widerrufen werden. Das Hamburger Oberlandesgericht, das den Widerruf in der vorherigen Instanz für möglich gehalten hat, muss den Fall nun erneut verhandeln.
V.i.S.d.P.
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