Leben nach dem Krieg
Verantwortung als Schlüssel ins eigene Leben
Kinder hatten zu gehorchen und Eltern hatten immer Recht. Wer sich von Gabriele Jaekels Biografie in eine Kindheit während der Nachkriegsjahre zurückversetzen lässt, dem wird deutlich, wie entscheidend das Aufwachsen in Deutschland sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. In flottem Schreibstil bringt die Autorin mit ihren Anekdoten kulturelle Eigenheiten und Details zum Brauchtum auf den Punkt, die das Leben in einfachen Verhältnissen auf unterhaltsame Weise schildern.
Alle Kinder spielten zusammen draußen, besuchten sich ohne Terminverabredungen, arbeiteten mit den Erwachsenen auf dem Kartoffelacker in den Kartoffelferien oder beim Binden der Gaben und beim Heueinfahren”, erinnert Jaekel sich. Sie erlebte das Schlachten von eigenen Schweinen und Hühnern mit ihrem Großvater, die “Große Wäsche” auf der Deele und den Anbau und das Verarbeiten von Gemüse und Obst. Streit zwischen ihrer Mutter und dem Großvater, dem Vater ihrer Mutter, der Schwester ihrer Mutter und die ständigen Diskussionen über das Erben und Nießbrauchrecht des Großvaters gehörten zum Alltag.
Einen Ausgleich fand Jaekel über viele Jahre im Ballettunterricht im Stadttheater Bielefeld. Hier reifte sie zu einer jungen Dame. Doch Umgang mit dem anderen Geschlecht war ihr und dem Bruder nur unter strengen Maßstäben gestattet, Sexualität gab es nicht. Trotzdem durfte sie mit einer spanischen Freundin zu deren Familie 1967 nach Hause, in die Nähe von Gibraltar, in die Ferien fahren. Dort lernte sie Raphael kennen und verliebte sich. Sie fuhr allein zurück durch halb Europa.
Ihren späteren Ehemann lernte sie kurz danach in Bielefeld kennen. Nach Beendigung ihrer Lehre als Hotelfachfrau reifte die Hochzeitsentscheidung – entgegen der elterlichen Widerstände. “Die Eltern verweigerten die Zustimmung zu ihrer Heirat bis 10 Minuten vor dem Trauungstermin im Standesamt”, denkt sie an diese Phase zurück. “Ständig gab es Streit und Machtkämpfe zwischen den Eltern und Kindern, das Thema Nazideutschland, Judenverfolgung und -vergasung war immer relevant”, so die Autorin.
Später, nach einem Umzug von Bielefeld – wo sie 1953 die erste Kinderschützenkönigin nach dem zweiten Weltkrieg geworden war – nach Hamm-Rhynern absolvierte Jaekel die Ausbildung zur Erzieherin und gründete 1974 eine Tageseinrichtung für Kinder. Dann ein weiterer Bruch in der Biografie: Durch die Schwierigkeiten in den inzwischen eigenen Betrieben ihres Ehemannes und im Berufsleben traf sie die Entscheidung, ihre jahrelange ehrenamtliche Tätigkeit als Jugendbetreuerin während der Schulferien im Ausland zum Beruf zu machen. Sie heuerte als Stewardess in ihrem ersten Ausbildungsberuf Hotelfachfrau auf einem Kreuzfahrtschiff an. Ein bewegtes Leben, das sich nun dank ihrer Beharrlichkeit in einem Buch verewigt findet.
Über die Autorin
Gabriele Jaekel wurde 1948 in Bielefeld geboren und wuchs als ältere Schwester eines Bruders im Stadtteil Schildesche auf. Nach Ausbildung und Heirat zog sie mit Ehemann und ihren beiden Töchtern nach Welver/Soest. Als Kindergarten-Leiterin, Hotelmeisterin, Reisebegleiterin, Kreuzfahrtdirektorin, Stewardess, Touristikerin, Welt- und Pilgerreisende ist sie immer noch “auf Achse”. Inzwischen wohnt sie wieder in Bielefeld und ihre fünf Enkel begleiten sie bei ihren Abenteuern. Zurzeit schreibt sie an der Fortsetzung ihrer Biografie.
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