Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, und Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.07.2017 – 10 Sa 491/17.
Zahlreiche Arbeitnehmer verfügen über ein Profil bei der Plattform Xing, über das man vor allem berufliche Kontakte knüpfen und pflegen kann. Die Nutzung solcher sozialen Medien spielt auch im Arbeitsrecht immer wieder eine Rolle, speziell wenn es auf dieser Grundlage zu einer Kündigung kommt. Teilweise sind die Urteile aus der Rechtsprechung hier erschreckend lebensfremd.
Xing-Profil einer Schwangeren: In einem aktuellen Fall vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ging es um eine schwangere Arbeitnehmerin, der von ihrer Frauenärztin ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden war. An und für sich nicht ungewöhnlich, dennoch kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und weigerte sich, für die Zeit des Beschäftigungsverbots eine Vergütung zu zahlen, da die Arbeitnehmerin ein Xing-Profil unterhalten habe.
Erfolgsreiche Kündigungsschutzklage: Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin war bereits in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Berlin erfolgreich. Dagegen sprach das Arbeitsgericht ihr nicht die begehrte Vergütung zu, da aufgrund des Xing-Profils berechtigte Zweifel am bescheinigten Beschäftigungsverbot bestünden.
Xing-Profil kein Indiz für unbegründetes Beschäftigungsverbot: Das Landesarbeitsgericht stellte nun jedoch klar, dass das XING-Profil der Arbeitnehmerin kein Indiz für ein unbegründetes Beschäftigungsverbot darstelle. Das LAG: Das Vorhandensein eines Profils der Klägerin im Internet-Portal Xing stellt keinen Umstand dar, der den Schluss zulassen würde, dass das Beschäftigungsverbot auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen beruhen würde (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.07.2017 – 10 Sa 491/17).
Bloßes Interesse für andere Arbeit nicht unzulässig: Das Gericht stelle insbesondere klar, es sei nicht unzulässig, sich während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses auch für eine andere Arbeit zu interessieren. Etwas anderes könne erst dann gelten, wenn sie Arbeitnehmerin tatsächlich einer anderen Tätigkeit nachgehen würde. Das LAG: Abgesehen davon, dass Xing entgegen der Ansicht der Beklagten keine Arbeitsvermittlung darstellt, aber natürlich aufgrund der dort hinterlegten Angaben der einzelnen Nutzer diesen Arbeit angeboten werden kann, konnte die Berufungskammer nicht nachvollziehen, weshalb es einer Arbeitnehmerin untersagt sein soll, sich während eines Arbeitsverhältnisses für eine andere Arbeit zu interessieren (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.07.2017 – 10 Sa 491/17).
Absurde Vorstellung des Arbeitsgerichts: Kaum zu glauben, dass für diese Entscheidung tatsächlich das Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz bemüht werden musste. In der Pflege eines Online-Profils eine Erschütterung des Beschäftigungsverbots zu sehen, ist geradezu absurd. Wer nicht arbeiten kann oder sogar darf, muss seine Zeit anderweitig auch in sozialen Netzwerken nutzen dürfen. Die Pflege eines entsprechenden Profils muss zudem ja gar nicht auf das Ziel gerichtet sein, einen neuen Job zu finden. Mancher möchte sich einfach online präsentieren, ohne auf bestimmte Angebote zu spekulieren. Auch ist das Interesse an anderen Arbeitsmöglichkeiten, wenn es denn besteht, nicht unzulässig. Hier herrscht anscheinend bei einigen Richtern eine lebensfremde Vorstellung.
Trotzdem Vorsicht im Umgang mit sozialen Medien: Gerade deshalb sollten Arbeitnehmer aber Vorsicht walten lassen im Umgang mit sozialen Medien. Das gilt besonders für Äußerungen, Posts etc. mit Bezug zum Arbeitsverhältnis. Wer über den Arbeitgeber auf Facebook herzieht, kann sich schnell einer Kündigung ausgesetzt sehen. In einem solchen Fall sind die Erfolgsaussichten, sich dagegen zu wehren, dann deutlich geringer.
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30.01.2018
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