Zahlen sind was Reelles, das Wetter ist eine unbekannte Größe

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Zahlen sind was Reelles, das Wetter ist eine unbekannte Größe

(Mynewsdesk) Mit Fachverstand und Herz leitet Elfriede Karbe die Agrarwirtschaft Möckern eG.
Der Raps muss so dicht stehen, dass eine Katze drüber laufen kann …“, Elfriede Karbe spreizt mit beiden Armen die krautigen Stängel auseinander, um die Schoten zu begutachten. „Eine durchschnittlich gute Ernte wird es werden“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Agrarwirtschaft Möckern eG und, dass die Trockenheit Anfang des Jahres die Pflanzen „erzogen“ hat, einigermaßen gut mit diesem neuzeitigen Wetter-Extrem klar zu kommen.Schnell vergeht die Zeit. Gerade noch hatte Elfriede Karbe hier ein gelbes Meer vor Augen. An dessen Horizont ist Möckern zu sehen – diese Stadt im Jerichower Land nimmt auf der Liste der flächengrößten Städte in Deutschland den vierten Platz ein, seitdem sich ihr 27 Dörfer angeschlossen haben. Doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass es ein ländliches Leben ist, das man hier führt.Nein, nach dem Stadtleben hätte sie sich nie gesehnt, sagt Elfriede Karbe. Sie ist 59 Jahre alt. Wie schnell die Zeit vergeht – sie lächelt: „Das Alter hat auch viele guten Seiten. Man weiß, was wichtig ist im Leben.“ Ihren Reichtum an Lebenserfahrung und beruflichem Wissen hat sich die Diplomagraringenieurin zielstrebig erarbeitet. Und sie weiß ihn einzusetzen. Er gibt ihr Sicherheit beim Agieren, beim Treffen von Entscheidungen. Seit 2007 ist sie Chefin der Agrarwirtschaft Möckern eG – einer Nachfolgegesellschaft der einstigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft „Pflanzenproduktion Möckern“. Im Zuge der Neugründung bekam es die Frau aus der „Pflanze“ nun auch mit Kühen zu tun. Hat sich in Vorbereitung auf diese Aufgabe belesen und mit Kollegen ausgetauscht – und hätte nicht gedacht, wie hochinteressant die Arbeit mit diesen Tieren ist. „Wenn mit den Kühen etwas nicht stimmt, hat in der Regel der Mensch daran seinen Anteil“, weiß sie. „In einem Betrieb wie dem unseren braucht man ,Kuhversteher‘.“Der Betriebssitz mit den Lagerhallen und Büroräumen befindet sich gleich hinter dem Ortsschild Tryppehna, einem der Ortsteile von Möckern. Die Milchviehanlage steht in Möckern-Lühe. Dort wurde 2003 der einstige Schafstall für die Kühe umgebaut. Dann kam der Preisverfall für die Milch. Viele Betriebe trennten sich von ihrer Rinderhaltung. „Auch wir haben darüber nachgedacht. Und auch die Folgen bedacht: Personalreduzierung in der Tierproduktion, damit verbunden auch auf dem Feld, weil wir das Futter für unsere Kühe selber anbauen. Letztlich auch Personalreduzierung in der Verwaltung – das alles war nicht unser Ziel.“Die Agrarwirtschaft Möckern eG blieb ein „Zwei-Sparten“-Betrieb mit heute 350 Milchkühen, 1500 Hektar Acker- und Weideland, 19 Beschäftigten und drei Azubis. Nicht zuletzt, dass jetzt ein neuer hochmoderner Stall gebaut werden kann, deutet darauf hin, dass damals kluge Entscheidungen von kompetenten Köpfen getroffen wurden. Dass ein Frauenkopf hier den Hut auf hat, sei glücklicherweise heute kein Einzelfaller mehr, meint Elfriede Karbe und kann spontan eine Hand voll Frauen zählen, die allein in dieser Region einem landwirtschaftlichen Betrieb vorstehen. „Auch wenn wir Frauen manchmal erst durch eine Verkettung von Umständen zeigen können, was in uns steckt …“Sie lacht, muss gerade an den ersten Computer denken, den ihre LPG schon 1986 bekam. Mit dem wollten die männlichen Kollegen zunächst gar nichts zu tun haben. So fuhren die Frauen zur Einweisung an die Technische Hochschule nach Magdeburg – und waren später klar im Vorteil.„Mein technisches Interesse habe ich wach gehalten“, sagt Elfriede Karbe. Ihr Computerwissen setzt sie gern und kreativ ein, um ihren Betrieb effizient zu organisieren. Überhaupt hantiere sie gern mit Zahlen – „so zur Entspannung“, meint sie und erntet einen verwunderten Blick. Was dann ihrerseits wieder Erstaunen hervorruft. „Warum denn nicht? Zahlen sind etwas Reelles. Da kann ich sofort sehen, wenn etwas nicht stimmt. Und ich kann einen Fehler wieder berichtigen, was ja auf dem Feld oder im Stall nicht so einfach ist wie in eine Excel-Tabelle.“Ihr Blick schweift zum Bürofenster raus über das Rapsfeld auf der anderen Straßenseite. Da draußen gibt es für die Landwirte genügend Unbekannte. Seit jeher ist das Wetter solch ein unsicherer Faktor – und wird ein immer größerer unter den Bedingungen der Klimaveränderung. „Das Wetter hat ja Auswirkungen auf alles und auf jedes“, sagt Elfriede Karbe, „da muss man immer neu reagieren.“ Aber eigentlich gefalle ihr das auch. Veränderung mache die Arbeit interessant und abwechslungsreich – bis hin zum Verhandeln der Getreidepreise. Auch am Handeln hat die Betriebsleiterin ihren Spaß.Noch solch ein Spaß, den viele nicht nachvollziehen können, ist für sie die Chemie. Im Studium, erzählt sie, sei für etliche der Komplex „Pflanzenernährung und -düngung“ eine unüberwindbare Hürde gewesen. Sie konnte da zu Hochtouren auflaufen. 1977 kam sie in die Praxis. Da es ganz andere Hürden für eine junge Frau gab, die wohl das Abitur, aber vor dem Studium keine Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Betrieb gemacht hatte. Wohl aber war sie in einer landwirtschaftlich tätigen Familie aufgewachsen. „Das hat mein Leben nachhaltig geprägt. Einen anderen Beruf als diesen kann ich mir bis heute nicht vorstellen“, sagt Elfriede Karbe. So ginge es übrigens auch ihrem Mann. Und ebenso ihrem Sohn, der auch Landwirt geworden ist. Die Tochter habe sich zumindest für ein Leben auf dem Lande entschieden, aber fährt jeden Tag zur Arbeit in die Stadt.Den Vorteilen einer großen Stadt weiß Familie Karbe andere Werte entgegen zu setzen. „Auf dem Land ist man mit allen Sinnen richtig nah dran an den Jahreszeiten. Man kennt sich seit Generationen, das ist ein besonderes Gefühl. Man kann als Hobby Pferde, Schafe oder Ziegen halten … Das Vereinsleben funktioniert auch soweit gut.“Aber wichtig bei allem, sagt Elfriede Karbe, sei die Familie. Das ginge nicht nur ihr so. Einige in ihrem Alter kämen sogar jetzt zurück nach einem Lebensabschnitt in der Stadt.Gleich den Rapspflanzen sind wohl auch die auf dem Lande aufgewachsenen Menschen tief mit dem Boden verwurzelt und ziehen aus ihm ihre Kraft.Autorin: Kathrain Graubaum (Text/Foto)
BU: Agraringenieurin Elfriede Karbe prüft den Raps. Mit der Ernte 2014 wird ihr Betrieb, die Agrarwirtschaft Möckern eG, zufrieden sein.Kontakt:
Agrarwirtschaft Möckern eG
Dorfstraße 1a,
39291 Möckern OT Tryppehna
Tel. 039221/981-0

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