Welcher Zuschlag kann für Nachtarbeit verlangt werden? Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015, 10 AZR 423/14
In vielen Arbeitsverträgen oder auch Tarifverträgen ist geregelt, dass für Arbeit zu bestimmten Tageszeiten oder auch an Wochenenden oder Feiertagen Zuschläge zu zahlen sind. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, kann für die Nachtarbeit ein Zuschlag oder bezahlte Freizeit verlangt werden.
Der Fall mit dem Zuschlag für die Nachtarbeit
Ein Arbeitnehmer war als LKW-Fahrer dauerhaft im Nachtdienst bei einem Paketzusteller tätig. Seine Arbeitszeit lag regelmäßig zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens. Die Arbeitgeberin zahlte ihm für die Zeit zwischen 21 und 6 Uhr zusätzlich zu seinem Stundenlohn von EUR 15,90 noch einen Nachtarbeitszuschlag von 20 %, also EUR 3,18. Der Arbeitnehmer war der Ansicht, die Arbeitgeberin sei verpflichtet gewesen, ihm einen Nachtarbeitszuschlag von mindestens 30 % zu zahlen, und erhob Klage. Der Fall ging durch alle drei Instanzen.
Das Urteil mit dem Zuschlag für die Nachtarbeit
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer in seiner Entscheidung vom 09.12.2015 recht. Aus § 6 Abs. 5 ArbZG folge, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die in der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf seine Vergütung zu leisten habe. Dieses Wahlrecht habe die Arbeitgeberin in dem entschiedenen Fall bereits ausgeübt, da sie einen Zuschlag in Höhe von 20 % gezahlt habe. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 ArbZG diene dem Schutz des Arbeitnehmers vor den schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit und solle diesem einen Ausgleich für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen gewähren, die er durch die Nachtarbeit erleide. Soweit der Arbeitnehmer einen bezahlten Freizeitausgleich erhalte, werde seine Gesundheit unmittelbar geschützt, indem seine Arbeitszeit reduziert werde. Die alternativ mögliche Zahlung von Zuschlägen diene dazu, die Nachtarbeit einzudämmen und diese für Arbeitgeber weniger attraktiv zu machen. Zudem werde der Nachtarbeitnehmer so für seine erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigt. Hierbei sei regelmäßig ein Zuschlag von 25 % oder eine entsprechende Anzahl freier Tage als angemessen zu betrachten. Eine Erhöhung oder Verminderung des Ausgleiches komme aber in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen, da sich die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags nach der Gegenleistung richte, für die sie bestimmt ist. Übersteige die Belastung durch die Nachtarbeit im Hinblick auf die Art der Tätigkeit oder den Umfang der Arbeit das übliche Maß, sei auch ein höherer Zuschlag gerechtfertigt. Bei einer regelmäßigen Erbringung von Nachtarbeit sei daher ein Zuschlag von 30 % angemessen, da der Schutz des Nachtarbeitnehmers bereits dann einsetze, wenn dieser „nur“ an 48 Tagen im Jahr Nachtarbeit zu leisten habe, § 2 Abs. 5 ArbZG. Ein geringerer Ansatz von 25 % sei z.B. denkbar, wenn die Nachtarbeit zu nicht unerheblichem Umfang aus Arbeitsbereitschaft besteht und wenn die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Tätigkeit verbundenen Gründen unvermeidbar ist. Dann sei aber ein Ansatz von 10 % als Untergrenze zu wählen.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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